Augsburger Perspektiven

Kliniken punkten mit Interdisziplinarität

Professionelles Arbeiten im Klinikumfeld stärkt die Performance des Hauses. Dafür muss jedoch an vielen Stellschrauben gedreht werden.

Von Christina Bauer Veröffentlicht:

AUGSBURG. Für eine gute Patientenbehandlung müssen Klinikmitarbeiter kooperative und kommunikative Voraussetzungen erfüllen, so der Experten-Konsens bei den jüngsten Augsburger Perspektiven.

Dr. Manfred Wagner, medizinischer Direktor am Klinikum Fürth, betonte den Einfluss des Führungsstils. „Wir wollten positives Leadership implementieren“, sagte Wagner zur Umsetzung an der Klinik Fürth.

Die habe bisher vielversprechende Ergebnisse erbracht. Demnach ließen sich die Prinzipien positiver Führung – Sinnhaftigkeit, Empowerment und Ressourcenorientierung – ohne Weiteres an Kliniken umsetzen.

Für Ärzte sei wichtig, dass sie in der Kooperation mit Mitarbeitern den Blick auf Stärken statt Kritisches lenkten. Die Klinik Fürth habe zunächst zwanzig Führungskräfte aus allen Bereichen geschult, darunter Ärzte, Pflegekräfte, Therapeuten sowie Techniker. Diese hätten mit dem Appreciative Inquiry Ansatz jeweils zehn weitere Mitarbeiter zu positiven und kritischen Aspekten des Klinikalltags befragt.

Die Ergebnisse seien auf einer zweitägigen Führungskonferenz diskutiert worden, um Leitsätze für die Klinik zu entwickeln. „Wir wollen das Format dauerhaft etablieren“, so Wagners Fazit.

Ebenfalls vielversprechend sei Coaching für Klinikteams, das einzelne Problemthemen aufgreife, etwa Wartezeiten oder Kooperationsaspekte.

"Interprofessionelle Zusammenarbeit rettet Leben" 

Dr. Stephan Schmid, stellvertretender Leiter der Klinik für Innere Medizin I am Universitätsklinikum Regensburg, plädiert für einen interdisziplinären Ansatz in der Intensivmedizin. „Ich bin überzeugt, dass die interprofessionelle Zusammenarbeit Leben rettet“, sagte der Arzt.

Daher versuchten Ärzte und Pfleger in der Intensivmedizin der Klinik, bei vielen Prozessen zu kooperieren. Es gebe gemeinsame Besprechungen, Visiten, Einweisungen und Gespräche mit Angehörigen. Zudem, so Pflegeleitung Anna Mahnke, würden Hausärzten gemeinsame Fortbildungen zu Klinikeinweisungen angeboten.

Die Pflege erhalte ein eigenes jährliches Forschungsbudget, in der Lehre gebe es gemeinsame Veranstaltungen für junge Ärzte und angehende Pflegekräfte. „Junge Ärzte und Pflegende lernen zusammen in bestimmten Praxissituationen“, sagte Mahnke.

Das Fazit der interdisziplinären Kooperation sei positiv. Nun solle die Intensivstation mehr mit der Allgemeinstation vernetzt werden.

Ärzte beklagen, zu wenig Zeit für Patienten zu haben

Reinald Wolff von Schmid und Wolff Management Consultants lenkte die Aufmerksamkeit auf die unbefriedigende Situation bei jungen Klinikärzten. Laut einer Umfrage seien vier von zehn mit ihrer Arbeitssituation unzufrieden. Oft bemängelt werde, die Behandlung orientiere sich zu wenig am Patientenwohl.

Zudem fänden die Ärzte, sie hätten zu wenig Zeit für Patienten. Ein großes Thema sei knappes Personal, auch die Organisation werde oft als ineffizient eingeschätzt. „Solche Dinge wie die Schichtübergabe fressen manchmal viel Zeit“, so Wolff.

Kliniken müssten klären, worauf es für Patienten ankomme, und Ziele formulieren. Diese müssten kooperativ umgesetzt werden. Das könnten Kliniken allerdings nicht allein auf die Mitarbeiter abladen. „Dafür braucht es einen institutionellen Rahmen“, resümierte Wolff.

Kulturelle Sozialisation berücksichtigen

Elisabeth Wesselman, Trainerin für Interkulturelles Gesundheitsmanagement, fokussierte die Stellschraube Integration – in Deutschland arbeiten etwa 133.000 ausländische Pflegekräfte. Sie stemmten einen wichtigen Teil der Pflege.

Integration bedeute mehr als Sprache und fachliche Kompetenz. Auch die kulturelle Sozialisation müsse berücksichtigt werden, etwa Eigenständigkeit, Umgang mit Führung, Kommunikationsstile und Beziehungsverhalten.

Leitende Pflegekräfte müssten sich mit den Herkunftskulturen beschäftigen, Gemeinsamkeiten im Team betonen und neue Pflegekräfte geduldig bei der Einarbeitung begleiten. „Ein Jahr muss man dafür ansetzen“, so Wesselman. Sie nahm auch die Pflegekräfte ihrerseits für die Assimilation im (arbeits-)Alltag in die Pflicht.

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