Klinikpflege

Kräfte aus Manila sollen es richten

Ein Hamburger Unternehmen setzt für Kliniken in Deutschland auf philippinische Pflegefachkräfte. Die Rahmenbedingungen klingen verlockend.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Coming soon? Deutsche Kliniken gelten für philippinische Pflegefachkräfte als attraktive Arbeitgeber.

Coming soon? Deutsche Kliniken gelten für philippinische Pflegefachkräfte als attraktive Arbeitgeber.

© kunio / stock.adobe.com

HAMBURG. Bei der Suche nach geschulten Pflegekräften blicken Personalchefs von Gesundheitseinrichtungen in Deutschland längst auch über die Grenzen. In Deutschland arbeiten inzwischen Pflegekräfte aus zahlreichen Ländern – eine lange Tradition hat in der Branche Fachpersonal von den Philippinen.

Der Hamburger Medizin-Management-Verband – ein Verein, der Entscheidungsträger im Gesundheitswesen vernetzt – will diese Tradition nutzen und verstärkt Fachkräfte aus dem südostasiatischen Inselstaat nach Deutschland holen.

Obwohl zwischen Hamburg und Manila 10.000 Kilometer liegen, könnten philippinische Pflegefachkräfte in einigen Jahren häufiger als bislang in Deutschland tätig werden. Der Arzt und Ökonom Dr. Konrad Obermann und der Psychologe Professor Bernd Glazinski wollen zusammen mit philippinischen Partnern für die Vermittlung sorgen.

Obermann stellte Überlegungen hierzu kürzlich auf dem Jahresempfang der Stiftung Gesundheit in Hamburg vor. Er verwies auf die positiven Erfahrungen, die man in Deutschland schon seit fast 50 Jahren mit philippinischen Krankenschwestern sammelt.

Riesiges Fachkräftereservoir

Das Interesse auf Arbeitnehmerseite auf dem Inselstaat sei vorhanden, dort verdienten Pflegekräfte nur zwischen 100 und 200 Euro im Monat und rund 200.000 Pflegekräfte sind nach Angaben Obermanns dort ohne Arbeit.

Für Personal von den Philippinen sprechen nach seiner Ansicht auch eine hohe Lernbereitschaft und die etablierte Arbeitsmigration. Hinzu komme, dass die dortige Regierung die Arbeitsmigration begrüßt.

Obermanns Konzept sieht vor, dass die Ausbildung der Fachkräfte noch in deren Heimat stattfindet und diese mit Sprachunterricht begleitet wird.

Den Arbeitsvertrag des Auszubildenden könnten deutsche Kliniken schließen. Die deutschen Partner kümmern sich darum, dass hier Wohnraum zur Verfügung gestellt wird, dass eine soziokulturelle Anbindung erfolgt, die Menschen integriert werden.

Außerdem gehören die strukturierte Einarbeitung und Weiterbildung zu ihren Aufgaben. Von den Kliniken wird außerdem erwartet, dass sie den Betriebsrat von Beginn an einbinden, Arbeitsgruppen für die Gastbeschäftigten einrichten und Ansprechpartner benennen.

Angelegt ist der Austausch für die Beschäftigten auf einen begrenzten Zeitraum von einigen Jahren. Die Rückkehr ins Heimatland soll garantiert erfolgen, außerdem soll den Beschäftigten ein Modell angeboten werden, das ihnen bei Rückkehr den Zugriff auf eine angesparte Summe aus dem hier erarbeiteten Lohn erlaubt.

„Das Projektkonzept steht“, sagt Obermann zum aktuellen Stand seiner Überlegungen. Für detaillierte Gespräche ist er nun auf der Suche nach Partnern, die Interesse daran hätten, vorläufige Arbeitsverträge zu schließen.

Ihm schwebt vor, dass im ersten Schritt drei bis fünf Arbeitgeber Verträge mit jeweils zehn bis 20 Pflegekräften jährlich abschließen. Mittelfristig schätzt er, dass zwischen 300 und 500 philippinische Pflegekräfte nach Deutschland vermittelt werden könnten.

Arbeitgeber trägt Reisekosten

Die Kosten für die Arbeitgeber bezifferte er auf einmalig 5000 Euro, hinzu kämen die Reisekosten für die Beschäftigten sowie eine monatliche Betreuungsgebühr von 120 Euro pro Kopf.

Obermann stellte dem die Kosten für das klassische Recruiting in den Krankenhäusern gegenüber: „Für eine Leasing-Arbeitsstunde muss ein Arbeitgeber derzeit zwischen 30 und 60 Euro je Stunde bezahlen.“

Die Gesamtkosten für Identifikation, Rekrutierung und Einarbeitung einer Fachkraft in einer deutschen Klinik liegen nach seinen Angaben ungefähr bei einem Jahresgehalt – bei einer Personalfluktuation von 25 Prozent, wie sie in manchen Häusern herrschen soll, ein erheblicher Kostenfaktor.

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