Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz

BVMed und Spectaris gegen Open House

Umgehen die Kassen bei der Hilfsmittelbeschaffung die vom Gesetzgeber neuerdings geforderte Qualitätsorientierung?

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BERLIN. Nachdem erst kürzlich der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) Alarm geschlagen hatte, weil immer mehr Kassen Open-House-Verträge zur Hilfsmittelversorgung auflegen, schlägt nun der Schwesterverband Spectaris in die gleiche Kerbe. Open-House-Verträge, bei denen die Kostenträger beitrittswilligen Hilfsmittelerbringern einseitig die Konditionen diktieren, seien unzulässig und widersprächen "dem Willen des Gesetzgebers", ließ Marcus Kuhlmann, Ressortleiter Medizintechnik bei Spectaris, jetzt verlauten. Ähnlich hatte auch der BVMed schon argumentiert.

Einhellig kritisieren beide Industrieverbände, dass zwar einerseits mit dem kürzlich In Kraft getretenen Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz (HHVG) den Kassen aufgegeben wird, auch qualitative Versorgungskriterien bei Hilfsmittelausschreibungen zu berücksichtigen.

Andererseits aber unterliefen die Kassen mit Open-House-Verträgen diese Vorgabe und würden weiterhin nur auf den günstigsten Preis schielen. Mit der Abgabe von Hilfsmitteln sei, so Spectaris, "meist ein hoher Dienstleistungsanteil verbunden". Solche Homecare-Services, die allein über die Produktmarge finanziert werden, seien nach rigorosen Rabattforderungen nicht mehr zu leisten.

Sowohl Spectaris als auch BVMed fordern, dass Verträge auf der Grundlage vorheriger Verhandlungen mit Leistungserbringern oder deren Verbänden zu schließen seien, denen andere Leistungserbringer dann beitreten können. So ist es auch in Paragraf 127 Absatz 2 SGB V vorgesehen.

Allerdings hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf in einer Entscheidung Mitte Dezember etwas umständlich erklärt, der Paragraf 127 SGB V habe "vergaberechtlich unangewendet zu bleiben, soweit dadurch bei der Beschaffung von Hilfsmitteln eine Bereichsausnahme errichtet werden soll, innerhalb derer die Krankenkassen die Durchführung eines geregelten Vergabeverfahrens von Zweckmäßigkeitsüberlegungen abhängig machen dürfen". Demnach hätten die Kassen regelmäßig Hilfsmittel europaweit auszuschreiben. Ein Beitrittsmodell wäre nach Ansicht einiger Fachjuristen nur noch gemäß dem einseitigen Open-House-Verfahren zulässig.

Die Justiziare von Spectaris und BVMed sehen das anders. Sie halten dagegen, das Diktum des Düsseldorfer Vergabesenats beträfe nur Absatz 1 des Paragrafen 127 SGB V, wo es um Ausschreibungen geht. Die in Absatz 2 angesprochenen Verhandlungsverträge seien gar nicht berührt. (cw)

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