Mobile Diagnostik

"Star Trek" als Vorbild

Science-Fiction rückt der Realität näher: Tüftler haben kleine Geräte, die kontaktlos Krankheiten erkennen, konstruiert. Bis die Tricorder Einzug in den medizinischen Versorgungsalltag halten können, ist es jedoch noch ein weiter Weg.

Von Christina Horsten Veröffentlicht:
Noch Zukunftsmusik: Forscher wollen kleine Geräte entwickeln, um kontaktlos Krankheiten erkennen zu können.

Noch Zukunftsmusik: Forscher wollen kleine Geräte entwickeln, um kontaktlos Krankheiten erkennen zu können.

© vallepu / stock.adobe.com

SAN DIEGO. Die Serie lief erstmals in den 1960er Jahren, aber die Technologie aus "Raumschiff Enterprise" war ihrer Zeit schon immer weit voraus. Dr. Leonard McCoy untersucht seine Patienten in der Serie beispielsweise mit einem Tricorder. Kontaktlos und sekundenschnell erkennt das kleine Gerät Krankheiten. Unter "Raumschiff Enterprise"-Fans legendär – aber eben auch nicht von dieser Welt. Bis jetzt.

Zehn Millionen Dollar hatte die US-amerikanische X-Prize-Stiftung 2012 demjenigen versprochen, der den legendären Tricorder nachbaut. Das Gerät solle genau wie das Vorbild aus der Fernsehserie funktionieren und möglichst genau eine Auswahl von 15 verschiedenen Krankheiten bei 30 Patienten ermitteln. Zudem dürfe es nicht mehr als rund zwei Kilogramm wiegen. Mehr als 300 Teams bewarben sich, wie die Stiftung mitteilte.

X-Prize-Wettbewerbe haben schon mehrfach Schlagzeilen gemacht. 1996 hatte die Stiftung zehn Millionen Dollar für einen privat finanzierten Flug bis an den Rand des Orbits ausgelobt. Das Preisgeld hatten sich acht Jahre später die Entwickler des Raketenflugzeugs "SpaceShipOne" gesichert.

Entwicklungen "am Küchentisch"

Nostalgie? Tricorder kamen bei „Star Trek“ („Raumschiff Enterprise“) zum Einsatz, um mobile Krankheitsdiagnosen zu stellen.

Nostalgie? Tricorder kamen bei „Star Trek“ („Raumschiff Enterprise“) zum Einsatz, um mobile Krankheitsdiagnosen zu stellen.

© Elaine Thompson/ AP Photo / dpa

Und auch die Tricorder-Herausforderung ist jetzt geknackt. "Wir wollten ein wirkliches Produkt für den Konsumenten, das die Menschen gerne benutzen würden", frohlockte vor Kurzem Jessica Ching von der X-Prize-Stiftung während einer Medizintechnik-Konferenz in San Diego. An mehrere Teams wurden schließlich Geldpreise ausgegeben, als Sieger ausgezeichnet – und mit 2,6 Millionen Dollar belohnt – wurden die Brüder Basil und George Harris samt ihres Teams "Final Frontier Medical Devices". Den zweiten Platz und eine Million Dollar bekam ein Team aus Taiwan, geleitet vom Harvard-Professor Chung-Kang Peng.

"Unser Team war wirklich ein Küchentisch-Team", sagt Philip Charron von der Sieger-Gruppe. "Wir haben aus Basils Haus in Pennsylvania heraus gearbeitet und dachten, es wäre einfach schön, irgendwo vorne zu landen. An das Gewinnen dachten wir gar nicht." Unter anderem half die inzwischen 16 Jahre alte Tochter von Basil Harris beim Testen.

Der vom Harris-Team entwickelte "DxtER" ist ein halbrundes weißes Gerät, das beispielsweise an ein iPad angeschlossen werden kann. Zunächst wird der Patient über eine Software befragt. Dann können über Sensoren, die unter anderem an Brust und Handgelenk angebracht werden, verschiedene Vitalfunktionen gemessen werden.

Das zweitplatzierte Gerät ist eine kleine Box, die an ein Smartphone angeschlossen wird. Darüber wird der Patient befragt und angeleitet, einige Instrumente zu benutzen, die in der Box stecken. So gibt es ein Teil, das sich der Patient ins Ohr stecken kann. Das Gerät überträgt live ein Video aus dem Innenohr und macht ein Foto, das von der Box ausgewertet wird. Auch der Schlaf des Patienten kann untersucht werden – und das günstiger als in vielen Schlaflaboren. "Die Kosten für Gesundheitspflege steigen und der Zugang ist schwierig - und das ist ein Problem auf der ganzen Welt", sagt Teamleiter Chung.

Vom Patienten-Alltag noch weit entfernt

Noch handelt es sich bei den Geräten um Prototypen, vom Patienten-Alltag sind sie weit entfernt. Das Preisgeld würde sofort in neue Tests gesteckt, sagt dann auch Philip Charron vom Sieger-Team. Das Ziel sei aber, so bald wie möglich den Patienten direkt zu erreichen. "Wenn wir dazu beitragen können, Patienten zu kreieren, die beispielsweise ihren eigenen Blutzucker oder ihre eigene Lungenfunktion messen, dann werden wir eine sehr viel gesündere Welt da draußen haben."

Die Anwendungsmöglichkeiten seien vielseitig - von abgelegenen Gebieten über Flüchtlingscamps bis hin vielleicht auch irgendwann dann doch wieder zum Weltall, wie einst bei "Raumschiff Enterprise". "Wir versuchen hier in diesem Land ja jemanden zum Mars zu schicken und es wäre doch großartig, wenn der Tricorder es auch wieder ins Weltall schaffen würde."(dpa)

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