Trotz Krankheit

Mit Avataren nehmen kranke Kinder am Unterricht teil

Wenn Kinder schwer krank sind, ist ein normaler Schulalltag oft nicht mehr möglich. Mithilfe von Robotern können einige wieder am Unterricht teilnehmen.

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BERLIN. In Deutschland werden erste einzelne Roboter seit Anfang März getestet – unter anderem an der Berliner Charité und im Kinder-Krebszentrum des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf. Die Avatare heißen AV1, sind etwa 27 Zentimeter groß und sind mit einer Kamera, einem Lautsprecher und einem Mikrofon ausgestattet. Vom Krankenbett aus können die Schüler damit am Unterricht teilnehmen. Über ein Smartphone oder Tablet steuern sie die Geräte.

Mitentwickelt wurde der AV1 von der Norwegerin Karen Dolva. "Wir wollen, dass die Kinder damit spielen", erklärt Dolva. "Der soziale Aspekt ist das Wichtigste. Deshalb soll jedes Kind den Avatar auch problemlos mit sich herumtragen können." Die Batterie reicht für sechs bis acht Stunden Videoübertragung - zwischendurch kann sie ganz einfach an einer Steckdose aufgeladen werden. Damit ist der AV1 auch in den Pausen und auf dem Schulweg dabei.

"Kinder sind – wie wir alle – soziale Wesen. Für sie hat die Schule auch die Funktion, mit Gleichaltrigen in Kontakt zu kommen", erklärt Markus Appel, Psychologe und Professor für Medienkommunikation an der Universität Würzburg. "Das vermissen Kinder natürlich auch." Appel begrüßt deshalb die Möglichkeiten, die die Avatare für erkrankte Kinder bieten.

Auch Ilka Hoffmann, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), sieht die Hilfsmittel zwar positiv, gibt aber zu bedenken: "Das ersetzt keinen analogen Kontakt zu Lehrkräften sowie zu den Mitschülerinnen und -schülern."

Mietkosten 290 Euro/Monat

Der AV1 kann hierzulande für 290 Euro pro Monat gemietet werden. Die Kosten würden meist von Stiftungen oder privaten Firmen getragen, sagt Entwicklerin Dolva. Die Macher des AV1 gehen von rund 75.000 Kindern in Deutschland aus, die mehrere Monate lang nicht in die Schule gehen können. Genaue Zahlen können allerdings weder das Gesundheitsministerium noch das Robert Koch-Institut nennen.

In Deutschland haben Kinder mit schweren und langwierigen Erkrankungen einen Anspruch auf Krankenhaus- oder Hausunterricht. Dafür bedarf es bislang aber speziell ausgebildeter Lehrkräfte, erklärt GEW-Vorstandsmitglied Hoffmann und warnt auch vor dem Einsatz von Avataren: "Die Gefahr besteht, dass der Fachkräftemangel durch den Einsatz von Technologie gelöst werden soll". (dpa)

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