Beim Eingriff

Hybrid-OP verschaffen Ärzten mehr Durchblick

Trifft der Katheter durchs Gefäß, sitzt das Implantat richtig, ist der Tumor ganz entfernt – damit Gefäß- und Neurochirurgen jederzeit "im Bilde" sind, sind am Klinikum rechts der Isar mehrere Hybrid-OP-Säle an den Start gegangen.

Von Christina Bauer Veröffentlicht:
Gefäßchirurg Dr.Heiko Wendorff in der Angiografie-Anlage der TU München.

Gefäßchirurg Dr.Heiko Wendorff in der Angiografie-Anlage der TU München.

© Christina Bauer

MÜNCHEN. Im digital vernetzten OP operiert es sich leichter. Vor Kurzem sind am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München mehrere High-Tech-OP-Säle in Betrieb gegangen.

Vor allem Neuro- und Gefäßchirurgen dürften sich freuen. Acht Säle hat der neue OP-Trakt am Neuro-Kopf-Zentrum, die Hälfte sind Hybrid-Säle, die Diagnostik und Operation integrieren.

Gefäßchirurg Dr. Heiko Wendorff, Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Vaskuläre und Endovaskuläre Chirurgie, stellt die Hybrid-Angiografie-Anlage vor. Sie wird ihm und seinen Kollegen bei Operationen detaillierten Gefäß-Einblick geben.

Der Angiografie-C-Bogen ist fest an der Decke installiert und kann für Aufnahmen flexibel um Patient und OP-Liege manövrieren.

Das geht per Steuerkonsole oder per Touchscreen. Sofort werden Bilder generiert und für eine dreidimensionale Darstellung umgerechnet, die der Arzt auf einem großen Bildschirm flexibel rotieren und in 3D anschauen kann.

"Mit der 3D-Brille hat man eine viel plastischere Vorstellung, was man da gerade operiert. Man kann jede Einzelheit genau beachten", resümiert Wendorff.

Breites Anwendungsspektrum

Er kann mit einem Katheter durch das virtuell abgebildete Gefäß navigieren. Besonders bei schweren Op, wie der eines Bauchaorten-Aneurysmas, kann das sehr hilfreich sein. Immerhin geht es um Bruchteile von Millimetern, damit etwa ein Implantat genau dort landet, wo es hin soll.

Insgesamt, so Wendorff, werden heutzutage sieben von zehn Gefäßoperationen minimalinvasiv mit Katheterverfahren durchgeführt. Es gibt also reichlich Anwendungsfälle für die High-Tech-Ausrüstung.

Einen ähnlich ausgestatteten OP-Saal hatte die Klinik in einem älteren Trakt schon seit 2013, aber der neue ist nun noch besser digital vernetzt. Im Sommer soll die Angiografie-Anlage zudem von einem ganz neuen Modell abgelöst werden, das noch in der Entwicklung ist.

Auf der anderen Seite des Trakts befinden sich die Neurochirurgie-Säle. Dort ist die integrierte Diagnostik ein komplettes Novum. Operieren wird unter anderem Dr. Sandro Krieg, Oberarzt an der Neurochirurgischen Klinik und Poliklinik. Einer der Hybrid-OP funktioniert als Zwei-Raum-Lösung.

Neben dem OP-Saal steht, in einem abgeschlossenen Raum, ein 3-Tesla-MRT. Bei Bedarf wird die Schleuse geöffnet, eine Rolltrage an den OP-Tisch angeschlossen, der Patient samt OP-Kopfschiene darauf umgelagert und wenige Meter zum MRT gefahren.

Neue, direkte Korrekturmöglichkeit

"Der Arzt kann während der OP ein Kernspin machen und schauen, ob der Tumor ganz raus ist. Bei hirneigenen Tumoren kann er das sonst nicht unbedingt sehen", so Krieg.

Je nach Art und Lage eines Tumors könnte diese neue, direkte Korrekturmöglichkeit sogar manche Folgeoperation sparen. Wegen der Risiken durch das extrem starke Magnetfeld sollen nur Ärzte zwischen OP und MRT-Raum wechseln. Etwa zwei Operationen pro Tag sollen dort stattfinden, ansonsten wird das MRT für ambulante Patienten genutzt.

Ein weiterer Hybrid-OP enthält ein Sliding Gantry CT. "Hier fährt das CT während der Operation auf Schienen über den Patienten", beschreibt Gefäßchirurg Wendorff.

Eine Zwei-Tonnen-Diagnose-Röhre rollt auf Knopfdruck von einer Seite des Raums in die Mitte zum OP-Tisch. Damit entfällt die Umlagerung ganz. "Der Patient bekommt die Untersuchung, die bisher später gemacht werden musste, sofort", sagt CT-Applikationsspezialistin Sandy Schirmer.

Die Ärzte erhalten wiederum eine sofortige Korrekturoption. Über Mikrofon, Lautsprecher und Videotechnologie können sie zudem MTA in den Kontrollräumen neben den OP hinzuziehen. Noch ein vierter Saal bekommt eine High-Tech-Ausstattung. Dorthin zieht "Da Vinci", das Robotik-Assistenzsystem, das schon seit 2009 in der Urologie der Klinik verwendet wird.

3D-Rekonstruktionen für Operateure

Die vier "normalen" der neuen OP haben mit den Hybrid-OP eine digitale Gemeinsamkeit: jeweils drei Wandmonitore. Sie sind an eine Bildverarbeitungs-Anlage von Brainlab angeschlossen. Die wird an der Klinik seit einigen Jahren verwendet, ist mit dem PACS – dem Bilddatensystem – und dem Klinikinformationssystem verknüpft.

Nun werden die Informationen noch effizienter genutzt. "Die Anlage kann vorher schon im CT aufgenommene Bilder sekundengenau darstellen und 3D-Rekonstruktionen machen", so Gefäßchirurg Wendorff.

Direkt im OP gemachte Bilder können die Ärzte ebenfalls hochladen, neue und alte Aufnahmen, sowie Bilder verschiedener Verfahren, überlagern und vergleichen. So bleiben sie buchstäblich immer im Bilde.

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