Projekt

Gesundes Kinzigtal bekommt unbefristeten IV-Vertrag

Die Integrierte Komplettversorgung "Gesundes Kinzigtal" hat die AOK überzeugt: Der 2005 angelaufene IV-Vertrag wird nicht nur unbefristet verlängert. Das Netzwerk wird künftig auch mit eigenem Gebührenwerk arbeiten.

Rebekka HöhlVon Rebekka Höhl Veröffentlicht:
Vollversorgungsvertrag mit Budgetverantwortung und eigenem Vergütungssystem, so sieht die Zukunft im „Gesunden Kinzigtal aus.

Vollversorgungsvertrag mit Budgetverantwortung und eigenem Vergütungssystem, so sieht die Zukunft im „Gesunden Kinzigtal aus.

© shefkate / fotolia.com

STUTTGART/HAUSACH. Die Erfolgsgeschichte des IV-Projekts "Gesundes Kinzigtal" reißt nicht ab: Vor knapp elf Jahren von 35 Ärzten und dem Gesundheitswissenschaftler Helmut Hildebrandt ins Leben gerufen, erhält die Gesundes Kinzigtal GmbH nun die Chance, Versorgung neu zu schreiben.

Die AOK Baden-Württemberg und die Gesellschaft haben sich nämlich auf die unbefristete Fortführung des Vollversorgungsvertrags im Schwarzwald geeinigt - rückwirkend zum 1. Januar 2016. Mit einem entscheidenden Zusatz: Die Vertragspartner haben vereinbart, ab 2017 die vertragsärztlichen Leistungen und das entsprechende Budget für die eingeschriebenen AOK-Versicherten vollumfänglich an die Managementgesellschaft auszugliedern.

Mehr Pauschalen, weniger Bürokratie

Damit kann das "Gesunde Kinzigtal" dann auch die Vergütungsstruktur für die kooperierenden Vertragsärzte und -psychotherapeuten selbst bestimmen.

"Wir können und wollen die zukünftige Vergütung in Richtung weniger Bürokratie, mehr Pauschalen und mehr Prävention weiterentwickeln", erklärt Martin Wetzel, Facharzt für Allgemeinmedizin und Vorsitzender des Medizinischen Qualitätsnetzes Ärzteinitiative Kinzigtal e.V., das Mitgesellschafter der Gesundes Kinzigtal GmbH ist.

Wie genau das Gebührenwerk des Kinzigtals aussehen wird, ist allerdings noch offen. Die Arbeiten an den möglichen Pauschalen laufen laut Ulf Werner, Pressesprecher der OptiMedis AG, die ebenfalls Gesellschafter des "Gesunden Kinzigtals" ist, nun an.

"Wichtig ist aber, dass wir das Vergütungssystem gemeinsam mit den Ärzten vor Ort ausarbeiten können", sagt er. Das vertragsärztliche Budget im Kinzigtal werde dabei alle budgetierten Leistungen innerhalb der morbiditätsorientierten Gesamtvergütung sowie alle nicht budgetierten Einzelleistungen umfassen. Errechnet werde es auf der Grundlage der vier vorangegangenen Quartale.

Die notwendige Vollbereinigung mit den laufenden Haus- und Facharztverträgen übernimmt allerdings die Krankenkasse zusammen mit der KV. Werner: "Die Restsumme ist unser künftiges IV-Budget." Damit einher geht auch eine Harmonisierung der Selektivverträge in der Region: Der IV-Vertrag und die Haus- und Facharztverträge der AOK Baden-Württemberg schließen sich künftig nicht mehr aus.

Das heißt, die AOK-Versicherten können sich parallel in verschiedene Verträge einschreiben. Das soll die Steuerungs- und Koordinationsfunktion der Vertragsärzte im Kinzigtal stärken.

Die Rechnung geht auf

Unberührt davon bleibe allerdings die seit Jahren praktizierte Budgetverantwortung für die AOK-Versicherten samt dem Modell zur Berechnung des Deckungsbeitrags, wie Helmut Hildebrandt, Geschäftsführer des "Gesunden Kinzigtals" erklärt. Über dieses Konzept wird nämlich der sogenannte "Gesundheitsgewinn" durch die Integrierte Versorgung errechnet.

Und zwar indem die Differenz zwischen den zu erwartenden Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds und den tatsächlichen Versorgungskosten für die Versicherten der Region ermittelt wird. Im Jahr 2013 kostete laut dieser Rechnung immerhin jeder im Kinzigtal eingeschriebene Versicherte 170 Euro weniger als aufgrund seines Morbiditätsrisikos zu erwarten gewesen wäre.

"Gesundes Kinzigtal ist erfolgreich in der Region. Wir wollen es fortsetzen, weil unsere Versicherten von den umfangreichen und zusätzlichen Angeboten unserer Vertragspartner und der besseren Versorgungssteuerung profitieren", sagt denn auch Dr. Christopher Hermann, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg.

Die wissenschaftliche Begleitforschung zeige, dass für die AOK-Versicherten im Kinzigtal die Über- und Unterversorgung reduziert und die Ergebnisqualität verbessert werden konnte.

Mehr zum Thema

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Weniger Rezidive

Hustenstiller lindert Agitation bei Alzheimer

Lesetipps
Ulrike Elsner

© Rolf Schulten

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“

KBV-Chef Dr. Andreas Gassen forderte am Mittwoch beim Gesundheitskongress des Westens unter anderem, die dringend notwendige Entbudgetierung der niedergelassenen Haus- und Fachärzte müsse von einer „intelligenten“ Gebührenordnung flankiert werden.

© WISO/Schmidt-Dominé

Gesundheitskongress des Westens

KBV-Chef Gassen fordert: Vergütungsreform muss die Patienten einbeziehen