Umfrage

Kooperationen auf rechtlich sichere Füße stellen

Wenn es nach den Ärzten ginge, dann dürfte der Gesetzgeber bei der Möglichkeit der Anstellung von Kollegen gerne noch eine weitere Liberalisierungsrunde drehen. Die Frühjahrsumfrage von Deutsche Bank und Springer Medizin zeigt Nachbesserungsbedarf.

Hauke GerlofVon Hauke Gerlof Veröffentlicht:
Nachholbedarf laut Medizinern: Die "Ärzte Zeitung" hat Ärzte gefragt, was der Gesetzgeber bei der Anstellung verbessern kann.

Nachholbedarf laut Medizinern: Die "Ärzte Zeitung" hat Ärzte gefragt, was der Gesetzgeber bei der Anstellung verbessern kann.

© IckeT / fotolia.com

FRANKFURT/MAIN. Den Anfang bei der Erweiterung der möglichen Kooperationsformen für Ärzte machte das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, das 2007 in Kraft trat. Seitdem hat es mehrere Runden zur weiteren Liberalisierung gegeben.

Neben seiner eigenen Zulassung darf ein freiberuflich tätiger Arzt bis zu drei weitere Zulassungen mit angestellten Ärzten haben. Zusätzlich gibt es weitere Kooperationsmöglichkeiten über Jobsharing, Teilung von Zulassungen oder überörtliche Kooperation. Zudem können sich Vertragsärzte, die Kinder bekommen, durch (Entlastungs-)Assistenten über mehrere Jahre vertreten lassen.

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Die Mehrheit der Ärzte ist offenbar der Auffassung, dass der Gesetzgeber bei der Liberalisierung dennoch nachlegen könnte. Das zeigt die gemeinsame Frühjahrsumfrage von Deutsche Bank und der Verlagsgruppe Springer Medizin mit der "Ärzte Zeitung". Titel der Umfrage, an der sich 417 Ärzte beteiligt haben, war "Kooperation mit Kollegen: Mitunternehmer oder angestellter Arzt".

Mehrheit: Gesetzgeber soll Anstellung erleichtern

Demnach sprachen sich insgesamt 60 Prozent der teilnehmenden Ärzte dafür aus ("Auf jeden Fall" oder "Wäre gut"), dass der Gesetzgeber die Anstellung von Ärzten in Einzel- und Gemeinschaftspraxen erleichtern sollte. Nur rund 25 Prozent der Teilnehmer waren dagegen ("Auf keinen Fall" oder "Brauchen wir nicht").

Das MVZ kommt als alternative Kooperationsform, die eine unbegrenzte Anstellung von Kollegen ermöglicht, offenbar für viele niedergelassene Ärzte nicht infrage. Denn trotz Liberalisierungsbedarfs hat sich bei der Anzahl der MVZ unter vertragsärztlicher Trägerschaft zuletzt nur wenig getan. Die Anzahl der Vertragsarzt-MVZ ist laut jüngster Statistik der KBV mit insgesamt 910 Einrichtungen nahezu stabil geblieben.

Anlass der Umfrage war ein Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg, das die Risiken für das noch immer gängige Partnerschaftsmodell der Nullbeteiligung in Berufsausübungsgemeinschaften nochmals gesteigert hat.

Das Gericht sieht Ärzte, die kein eigenes Kapital in die Gesellschaft einbringen und deshalb kein Unternehmerrisiko tragen, als scheinselbstständig an. Als Folge kann, neben einer möglichen Gewerbesteuerpflicht, die Nachzahlung der Sozialversicherungsbeiträge sowie die Rückzahlung vertragsärztliche Honoraren drohen.

Urteil hat wohl erheblichen Einfluss auf Ärzte

Für Ärzte und Zahnärzte ist dieses Urteil offenbar hoch relevant: Nahezu jeder dritte Umfrageteilnehmer sagt, das Urteil beeinflusse zukünftige Kooperationen, sechs Prozent sehen sogar laufende Kooperationen betroffen. "Das LSG-Urteil ist bei den Ärzten offenbar angekommen", kommentiert Nina Dabringhausen vom Zielgruppenmanagement Heilberufe der Deutschen Bank.

Ärzte mit Kooperationsplänen haben nach ihrer Einschätzung erkannt, wie wichtig es ist, "die Partnerschaft auf rechtlich saubere Füße zu stellen". Dazu passe auch, dass fast jeder dritte Teilnehmer an der Umfrage angibt, es sei für ihn oder sie "viel wichtiger zu wissen, wie zukünftig Kooperationsverträge rechtssicher zu gestalten sind", als darüber nachzudenken, wie Honorarrückforderungen aufgrund von Scheinselbstständigkeit zu werten sind. Drei von zehn Ärzten finden die Rückforderung des Honorars "gut". 36 Prozent der Teilnehmer finden es dagegen "unfair", korrekt erbrachte Leistungen nur wegen der falschen Rechtsform nicht zu honorieren.

Dabringhausen sieht hier hohen Beratungsbedarf bei Ärzten. Kooperationen hätten für viele weiterhin Priorität. "Damit dabei keine Fehler gemacht werden, ist es ratsam, bei neuen wie auch bei gewachsenen Kooperationen Experten hinzuzuziehen. Der Heilberufe Betreuer der Bank kann ein echter Sparringspartner sein. Neben seinem fundierten Branchen-Know-how kann er auch Zugang zu anderen Experten verschaffen", betont die Heilberufe-Expertin.

Einsparen von Sozialabgaben spielen kaum Rolle

Wie dringend eine fachkundige Beratung ist, zeigt sich bei der Frage nach den Motiven für eine Partnerschaft ohne Kapitalbeteiligung der neuen Partner. Denn die Einsparung von Sozialabgaben spielt in den Antworten mit rund 12 Prozent so gut wie keine Rolle.

Viel wichtiger ist die "Erleichterte Nachfolgeregelung, weil für den Juniorpartner ein sanfter Übergang in die Selbstständigkeit möglich ist". Mehr als zwei Drittel der Teilnehmer haben für diese Option votiert. Fast 60 Prozent (Mehrfachnennungen) sehen ein Motiv für die Nullbeteiligung darin, dass "abgebende Praxisinhaber ihre Nachfolger in einer Art Probezeit testen" können. "Ärzte mit diesen gut nachvollziehbaren Motiven benötigen einen Partner an ihrer Seite, der in der Lage ist aufzuzeigen, was rechtlich möglich ist und wo es Grenzen gibt", sagt Dabringhausen.

Hohen strategischen Beratungsbedarf sieht die Expertin der Deutschen Bank auch bei der Wahl der richtigen Beteiligungsform und der Ausrichtung einer Kooperation. Als bevorzugte Investition für eine Kooperationsform mit einem jungen Nachfolger (oder einer jungen Ärztin) sehen jeweils ein Drittel der Teilnehmer die BAG mit anfänglich geringer Kapitalbeteiligung und ein Job-Sharing mit Angestellten-Status des zukünftigen Partners. Nur zwölf Prozent votieren für die Teilung der Zulassung in zwei halbe Vertragsarztsitze.

Dabringhausen rät, Beratungsangebote auf jeden Fall zu nutzen, und plädiert für ein Kooperationsmodell, das an den individuellen Praxiszielen angepasst ist. "Es gibt viele Möglichkeiten, eine Kooperation zu gestalten", sagt die Expertin. So seien bei einer hälftigen Teilung der Zulassung beispielsweise die extrabudgetären Leistungen, anders als beim Job-Sharing, nicht gedeckelt. Je nach Leistungsspektrum der Praxis kann daher eine solche Option durchaus lukrativ für die Partner sein.

Frühjahrsumfrage

» Titel der Umfrage: Kooperation mit Kollegen – Mitunternehmer oder angestellter Arzt?

» Initiatoren: Springer Medizin und Deutsche Bank (www.deutsche-bank.de/heilberufe)

» Befragungszeitraum: Anfang bis Mitte Mai

» Teilnehmer: 417 Haus- und Fachärzte

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