Hintergrund

Vom flächendeckenden IT-Netz profitieren alle

Die IT-Vernetzung von Ärzten und Kliniken schreitet nur langsam voran. Dabei brächte sie auch Ärzten Vorteile.

Von Stefan Holler Veröffentlicht:
Ab ins Netz: Vorbehalte in der Ärzteschaft werden immer weiter abgebaut, doch der Fortschritt findet nur langsam statt.

Ab ins Netz: Vorbehalte in der Ärzteschaft werden immer weiter abgebaut, doch der Fortschritt findet nur langsam statt.

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Die Nutzung moderner Informationstechnik habe sich in der medizinischen Versorgung bisher nicht durchgängig etabliert, berichtete KBV-Vorstand Dr. Carl-Heinz-Müller auf dem Kongress "Medicine is electronic" in München.

So gebe es weder verbindliche Schnittstellen, noch einen strukturierten Datenaustausch zwischen ambulantem und stationären Sektor. Statt einer flächendeckenden, sicheren und geschützten Vernetzung innerhalb der Sektoren und sektorenübergreifend seien Insel-Lösungen charakteristisch. Hohe Ansprüche an Datenschutz und Datensicherheit hätten die Entwicklung verzögert, so Müller.

Entsprechend heterogen zeigt sich auch der Arztsoftware-Markt: Derzeit gebe es etwa 170 Anbieter mit rund 210 unterschiedlichen Praxisverwaltungssystemen, sagte Müller. Einige Online-Initiativen der KV wie die KV-Safenet-Anbindung, das KV FlexNet oder das KV WebNet hätten dazu beigetragen, Vorbehalte der Ärzteschaft gegenüber den neuen Technologien deutlich abzubauen.

Einige Netze arbeiteten inzwischen sehr professionell, und es würden sich auch immer mehr Ärzte über das KV-SafeNet anbinden. Allerdings müsse sich eine moderne ambulante und sektorenübergreifende Versorgung künftig noch viel stärker an den Bedürfnissen der Patienten ausrichten, so das Fazit Müllers.

Eine bessere Vernetzung der Anbieter im Gesundheitswesen kann sich nach Ansicht der KV Bayerns auch positiv auf die elektronische, webbasierte Dokumentation medizinischer Daten auswirken. Seit 2003 führt die KV Bayerns eine elektronische Datenerhebung sowohl bei Direkt- als auch Kollektivverträgen durch.

Allein zu den DMP-Dokumentationen wurden in Bayern im vergangenen Jahr über drei Millionen Datensätze erzeugt. "Die Dokumentationen sind pseudonymisiert, und es findet auch keine Zusammenführung von Daten verschiedener Behandler zu einem Patienten statt", versicherte Sonja Froschauer, Leiterin des Bereichs Versorgung bei der KV Bayerns, auf dem Kongress.

Großes Potenzial bieten die erhobenen Daten laut Froschauer auch im Hinblick auf die Versorgungsforschung. So ließen sich mit den bestehenden Daten gesundheitsökonomische Analysen oder Vergleichsstudien zur Medikation durchführen.

Chancen gebe es auch für die Qualitätsverbesserung. Die oft in Einzelpraxen niedergelassenen Ärzte hätten kaum Zugang zu einer objektivierten Bewertung der eigenen Qualität. E-Dokumentationen würden es zum einen ermöglichen, vollständige Daten aus dem Versorgungsalltag zu liefern. Zum anderen könne dem einzelnen Arzt ein Vergleich mit dem Kollektiv zu bestimmten Kennzahlen geboten werden.

Mittlerweile erkennen auch die Kassen die Möglichkeiten der webbasierten elektronischen Dokumentation: So fordert der GKV-Spitzenverband eine Zweitnutzung dieser Daten für die Qualitätsmessung im Krankenhaus, in Pflegeheimen oder beim niedergelassenen Arzt.

"Aus Daten von Kliniken und Krankenkassen könnten Patienten, Angehörige, einweisende Ärzte und Forscher genauere und vergleichbare Erkenntnisse über die Behandlungsergebnisse in den verschiedenen Einrichtungen bekommen", äußerte sich kürzlich Johann-Magnus von Stackelberg vom GKV-Spitzenverband.

Moderne Arztinformationssysteme stellen nach Meinung von Wolfgang Höfers, Geschäftsführer des eHealth-Dienstleisters Intermedix, eine Drehscheibe der Kommunikation zwischen den Leistungserbringern im Gesundheitswesen dar. In Bezug auf die intersektorale Kommunikation werde die Praxis-EDV zukunftsweisend sein.

Ein Beispiel, wie es funktionieren kann, sei Future.net des Healthcare-IT-Anbieters CompuGroup Medical. Das IT-Angebot bilde nicht nur den übergreifenden Datenaustausch zwischen Arztpraxis, MVZ, Krankenhaus und Rehaklinik ab, sondern integriere über eine persönliche Gesundheitsakte auch die Patienten. So seien die Patientendaten bei allen behandelnden Ärzten sofort verfügbar.

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