Praxis-EDV

Kieler Arzt wünscht sich bedarfsgerechte Systeme

Große Praxis-EDV-Anbieter sind einem Pneumologen aus Kiel zu unpersönlich und unverbindlich. Daher wechselt er jetzt zu einem ganz Kleinen der Branche.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Wieviel EDV braucht eine Praxis? Ein Arzt hat aus seinen Überlegungen Konsequenzen gezogen.

Wieviel EDV braucht eine Praxis? Ein Arzt hat aus seinen Überlegungen Konsequenzen gezogen.

© Dron / Maria. P. / fotolia.com

KIEL. Der Markt für Praxissoftware hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Der Trend zu großen Anbietern hat zu einer Konzentration geführt.

Es gibt sehr viele zufriedene Kunden - aber auch einige Nutzer, die die Entwicklung kritisch sehen. Einer von ihnen ist Dr. Thomas Thormann aus Kiel.

Seit 13 Jahren ist der Pneumologe in Kiel niedergelassen, jetzt wechselt er zum zweiten Mal seine Praxissoftware.

Von einem der ganz Großen in der Branche zu einem ganz Kleinen. So klein, dass für ihn klar ist: "Die werden nicht geschluckt, dafür sind sie nicht bedeutend genug."

Thormann steigt um auf ein Linux-basiertes Open-Source-Programm. Andere Kollegen zeigen sich auch interessiert, warten aber zunächst ab, wie zufrieden Thormann mit dem neuen Programm sein wird.

Vier Gründe für Unzufriedenheit

Sein persönlicher Eindruck ist: "Viele Ärzte sind unzufrieden mit den Programmen der großen Anbieter." Das hat nach seiner Ansicht unter anderem folgende Gründe:

 › der Support der großen Anbieter - der eigentlich mit wachsender Größe eine Stärke sein könnte - erfüllt nicht immer seine Erwartungen. Hotlines sind nach seinen Erfahrungen schwer erreichbar und die Gesprächspartner können die aufgetretenen Probleme nicht immer lösen.

Updates empfindet er als problematisch: Jedes Update wird nach seinen Erfahrungen zu einem Drahtseilakt, bei dem der Nutzer einen Absturz befürchten muss.

Überladene Programme: Features, die der Anwender nicht benötigt, werden nach Ansicht Thormanns als "Pseudo-Neuerungen" verkauft, verlangsamen aber oft nur das Arbeiten. Zugleich treten die einfachen, praxisrelevanten Vorgänge nach seinen Erfahrungen in den Hintergrund. Als Beispiel nennt er das Ausdrucken eines Rezepts: Hierfür braucht der Pneumologe heute rund 20 Sekunden und damit deutlich länger als früher.

Werbung: In der Rezeptdatenbank öffnet sich Reklame, die Thormann stört. Früher konnte er die Werbung über Ausschalten des Flashplayers umgehen. Heute läuft sie unabhängig davon und lässt sich vom Nutzer nur schwer ignorieren.

Dr. Thomas Thormann, Pneumologe aus Kiel.

Dr. Thomas Thormann, Pneumologe aus Kiel.

© Dirk Schnack

Thormann empfindet die Entwicklung der Programme hin zu Praxis-Informationssystemen als "aufgeblasen". Er wünscht sich für seine Gemeinschaftspraxis im Kieler Zentrum aber ein auf den originären Bedarf zugeschnittenes Programm.

Seine und die Wünsche anderer Kollegen haben Kieler Ärzte im vergangenen Jahr bei einem Treffen mit Vertretern eines großen Anbieters vorgetragen. "Es hat sich nichts geändert. Die großen Anbieter sind mir zu unpersönlich und zu unverbindlich", sagt Thormann.

Nach seiner Einschätzung nehmen die Anbieter zu wenig Rücksicht auf die Kundenbedürfnisse und entwickeln am breiten Bedarf der Basis vorbei.

Und noch etwas stört den 51-Jährigen: "Die Probleme werden bei den Anwendern gesucht. Mal sollen die Leitungen zu langsam, mal die Hardware nicht leistungsfähig genug sein. Immer sollen wir investieren."

Kritik an den Anbietern wird bisweilen auch bei der KV Schleswig-Holstein abgeladen. "Das ist nicht massiv, kommt aber immer wieder vor", sagt KV-Sprecher Marco Dethlefsen.

Die EDV-Abteilung versuche in solchen Fällen, sich als Vermittler einzuschalten und Lösungsangebote zu unterbreiten. Für Neueinsteiger gibt es eine Marktübersicht durch die KV, aber keine Tipps für bestimmte Hersteller oder Produkte.

Investition in drei Jahren amortisiert

Thormanns Schritt zum kleinen Anbieter kostet die Praxis zunächst rund 3000 Euro. Allerdings ist der Support pro Quartal 250 Euro günstiger, sodass sich die Investition in drei Jahren amortisieren wird.

Viel wichtiger ist Thormann aber, dass er in den kommenden Jahren mit einem leistungsstarken Programm arbeiten kann, das seinen Ansprüchen gerecht wird, und bei Problemen eine Unterstützung bekommt, die Lösungen schafft.

Ob er denn sicher sein kann, dass es den kleinen Anbieter in wenigen Jahren noch geben wird? Kann er nicht, räumt Thormann ein, sagt aber: "Dieses Risiko nehme ich nach all dem Ärger in den vergangenen Jahren auf mich. Die Firma gibt's schon seit 30 Jahren und ich glaube, dass es sie in zehn Jahren auch noch geben wird."

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