Beitragssätze

Bundesregierung sieht PKV-Sozialtarife nicht gefährdet

Steigende PKV-Beiträge sind noch lange kein hinreichender Grund für einen Systemwechsel – sagt die Bundesregierung. Die Linken sind anderer Meinung.

Christoph WinnatVon Christoph Winnat Veröffentlicht:
Die Politik des billigen Geldes verteuert die private Krankenversicherung. In den Sozialtarifen steckt das nicht jeder so locker weg.

Die Politik des billigen Geldes verteuert die private Krankenversicherung. In den Sozialtarifen steckt das nicht jeder so locker weg.

© Coloures-pic / Fotolia

BERLIN. Bevorstehende Beitragssatzsteigerungen für Männer im PKV-Standardtarif nimmt der Obmann der Linken im Bundestags-Gesundheitsausschuss, Dr. Achim Kessler, zum Anlass, "eine geordnete Abwicklung der PKV" zu fordern. Die Linke hatte Anfang Mai in einer Anfrage an die Bundesregierung unter anderem wissen wollen, auf welche Beitragserhöhungen sich Männer im PKV-Standardtarif gefasst machen müssten und was die Regierung zu tun gedenkt, um die soziale Funktion des Standardtarifs angesichts anhaltender Niedrigzinsen zu sichern.

In ihrer jetzt vorgelegten Antwort macht die Regierung klar, dass sie "nicht von sozialen Auswirkungen durch Beitragssatzsteigerungen in Basistarif, Standardtarif und Notlagentarif" ausgeht. Demnach wird auch kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf zur Stabilisierung des PKV-Standardtarifs gesehen. Vielmehr betont die Bundesregierung die Steuerungswirkung des Systemwettbewerbs zwischen GKV und PKV. Der bewirke, "dass sich die Versicherer im Wettbewerb zueinander um eine effiziente und qualitativ hochwertige Versorgung ihrer Versicherten bemühen."

Gesundheitsexperte Kessler ist das zu dünn: "Niedrigzinsen führen zu ständig steigenden Beiträgen, auch in den Sozialtarifen. Das gesteht auch die Bundesregierung ein. Dennoch lobt und verteidigt sie den Systemwettbewerb und schützt lieber die PKV als die Versicherten". Die Situation der laut  Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) etwa 35.000 von Beitragssatzsteigerungen betroffenen Männer im PKV-Standardtarif sei der Regierung "offensichtlich egal", moniert Kessler.

Hintergrund: Wegen der seit Jahren niedrigen Kapitalmarktzinsen sind die PKV-Anbieter gezwungen, den Rechnungszins anzupassen. Das wirkt sich auch auf den Standardtarif aus, der finanziell klammen PKV-Versicherten ab 65 oder Jüngeren (ab 55) offen steht, die bereits Rente oder ein Einkommen unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze beziehen. Der maximale Beitrag im Standardtarif entspricht dem GKV-Höchstsatz (rund 646 Euro). Der durchschnittliche Beitrag in Standardtarif ist jedoch deutlich niedriger. Der PKV-Verband hatte kürzlich bestätigt, dass die Kalkulation des Standardtarifs für Männer derzeit überprüft werde. Anfang Juni hieß es dann, der durchschnittliche Beitrag im Standardtarif solle um 29,1 Prozent auf 310 Euro steigen (wir berichteten). Wie stark der Rechnungszins das bisherige Niveau (3,5 Prozent) künftig unterschreiten soll, ließ der Verband bislang offen.

Nach einer Faustregel führt eine Absenkung des Rechnungszinses um 0,1 Prozentpunkte bei privat Krankenversicherten zu einer Beitragsanhebung von einem Prozent. Das gilt auch für den Standardtarif. Auf die Frage, ob aktuell eine Senkung des Rechnungszinses auf 2,2 Prozent zu erwarten sei – nach Angaben der Linken liegen ihr entsprechende Informationen vor – ging die Bundesregierung nicht ein.

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