Folge 14

Ehescheidung: Die Crux mit der Berechnung des Unterhalts

Das unterhaltsrelevante Einkommen ist die zentrale Bezugsgröße im Scheidungsfall. Selbstständige Ärzte müssen für deren Ermittlung umfassende Unterlagen einreichen.

Von Rudolf Haibach Veröffentlicht:
Bei der Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens gibt es bei Selbstständigen Spielraum.

Bei der Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens gibt es bei Selbstständigen Spielraum.

© Uwe Annas / Fotolia.com

Das Einkommen und die daraus resultierende Höhe der Unterhaltsverpflichtung zu ermitteln, ist bei einem selbstständigen Arzt eine recht komplexe Aufgabe. Wird bei einem angestellten Arzt das Einkommen der vergangenen zwölf Monate genommen und "repräsentativ" für die Zukunft davon ausgegangen, dass er dieses Einkommen auch im nächsten Kalenderjahr erzielen wird, so ist bei einem selbstständigen Arzt der Knackpunkt die Zukunftsprognose.

So versucht der Anwalt, den Bewertungsunsicherheiten der Zukunft - hat der scheidungswillige Arzt im nächsten Jahr noch das gleiche Einkommen wie im vergangenen Jahr?- zu entgehen, indem er den repräsentativen Zeitraum der Vergangenheit vergrößert, somit nicht die letzten zwölf Monate, sondern die letzten drei bis fünf Jahre berechnet und aus diesem Zeitraum den voraussichtlichen Jahresschnitt für die Zukunft ermittelt. Das ist selten einfach.

Es gilt, die alten Steuererklärungen für die Praxis und die privaten Einkommensteuerbescheide genauestens zu untersuchen. Dazu lohnt es sich für den Anwalt, im Interesse des Mandanten mit dem Steuerberater eng zusammenzuarbeiten. Denn in diesen Bereichen befinden sich viele rechtliche Fallstricke, die auch Steuerberater nicht erkennen können, weil diese rein steuerrechtlich denken. Familienrechtlich ist vieles anders zu bewerten.

Für diese Fallstricke muss der Anwalt nicht nur Erfahrung, sondern auch einen siebten Sinn haben, damit er nicht gemeinsam mit dem Mandanten und dem Steuerberater in einen Prozess stolpert, der vermeidbar gewesen wäre, hätte man von Anfang an vorausschauend und damit richtig gerechnet.

Richtig gerechnet heißt: "best case" und "worst case". Das ist notwendig, weil im Unterhaltsrecht 5 und 5 nie 10 ergeben, sondern meist 11 oder 9. Denn im Unterhaltsrecht gibt es keine absolute Genauigkeit, weil vieles weder rechtlich noch tatsächlich klar oder eindeutig ist, weil die Antwort auf manche Frage eine reine Wertungsfrage ist. Verlässliche Präzision gibt es oft nicht.

Ein typisches Beispiel dafür sind Fahrzeuge, die steuerlich progressiv abgeschrieben wurden, weil es steuerrechtlich möglich war. Unterhaltsrechtlich muss das noch lange nicht der Fall sein.

Nachdem die Unterlagen vom eigenen Anwalt ausgewertet und auch die Höhe des voraussichtlich zu zahlenden Unterhalts ermittelt wurden, bekommt die Gegenseite die Berechnung zur Verfügung. Sie ist jetzt am Zuge, ihrerseits die Höhe des Anspruchs zu ermitteln. Das ist strategisch klüger, da erfahrungsgemäß viele Anwälte auf der Gegenseite kritiklos die steuerlichen Zahlen übernehmen.

Ist der unterhaltsverpflichtete Arzt Gesellschafter einer Praxis, muss er trotzdem alle Unterlagen der Gesellschaft vorlegen, auch wenn die Mitgesellschafter das gar nicht mögen. Sie müssen es rechtlich gesehen sogar ertragen.

Man sollte aber einen meist unnötigen Unterhaltskrieg für den Unterhaltsanspruch während der Trennung vor Gericht vermeiden - von Ausnahmefällen abgesehen. Denn das Ausprozessieren und Durchdeklinieren aller nur denkbaren Sach- und Rechtsfragen vor Gericht für den Trennungszeitraum kostet unangemessen viel Zeit und damit unangemessen viel Geld.

Beides sollte das Paar lieber dazu verwenden, sich mit dem nachehelichen Unterhalt zu beschäftigen, denn hier lohnt es sich wesentlich eher, unklare Fragen einer Lösung zuzuführen. Denn dieser Zeitraum dauert meist länger als der Trennungszeitraum.

Holen Sie sich Expertenrat in unserem Fachforum zu Fragen zur Trennung http://www.aerztezeitung.de/community/forums/47.aspx

Bei Ärztescheidungen ist spezielles Know-how auf Seiten des Anwaltes gefragt. Aber auch schon vor der endgültigen Entscheidung für oder gegen eine Trennung sind wichtige Punkte wie die finanzielle Situation in der Praxis zu berücksichtigen. In dem neuen Online-Forum zur Scheidung beantwortet Rechtsanwalt Rudolf Haibach, der auch der Verfasser der Scheidungsserie in der "Ärzte Zeitung" ist, Fragen von Ärzten, die eine Trennung in Erwägung ziehen.

Das Forum findet sich online unter Foren: Ehescheidung - geordnet in die Trennung. Nach der kostenlosen Registrierung können Ärzte ihre Fragen an den Scheidungsspezialisten stellen. Der Service ist kostenlos. Wer will, kann sich ein Pseudonym zulegen, um unerkannt zu bleiben.

http://www.aerztezeitung.de/community/forums/47.aspx

Haibach Rechtsanwälte, Fachanwälte für Familienrecht, Gießen und Frankfurt www.haibach.com

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