Kommentar
Zu viel Populismus
Wenn es ums Geld geht, wecken Publikumsmedien bei ihren Lesern gerne Pawlowsche Reflexe. Es werden die angeblich besser Verdienenden vorgeführt - Ärzte sind beliebte Opfer, weil das gute Image der Ärzte so einen schönen Kontrast gibt zu den Verfehlungen, die sich Vertreter des Berufsstandes angeblich zu Schulden kommen lassen. In solchen Fällen kommt es auf die Fakten nicht unbedingt an, Hauptsache, die Geschichte passt ins Raster.
Diesen Eindruck gewinnt man derzeit in Nordrhein-Westfalen bei den Berichten über angeblichen Abrechnungsbetrug, und er drängt sich auch häufig auf, wenn es um das Arzteinkommen geht.
Geradezu wohltuend ist der Vergleich der Gehälter und Einkünfte, den "Focus" jetzt veröffentlicht hat. Denn das Magazin verzichtet darauf, auf Neidreflexe zu setzen, die Geschichte ist eher deskriptiv. Die empirische Basis für die Zahlen ist allerdings dünn, und Bruttogehälter werden ohne Kommentar neben Gewinne vor Steuern gestellt.
Gerade bei Arztpraxen fehlen nach wie vor breite Untersuchungen, die auf sauberer betriebswirtschaftlicher Analyse beruhen. Sie würden Populisten Wind aus den Segeln nehmen - und wären auch als Benchmark für einzelne Praxen gut geeignet.
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