Erfolgsrezept Mitarbeiterbefragung

Die Rechnung klingt logisch: Ein zerrüttetes Arbeitsklima senkt die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter. Die Folge: Praxiserfolg und -umsatz leiden. Dabei ließe sich einfach gegensteuern und der Praxiserfolg sogar steigern - mit einer Mitarbeiterbefragung.

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Ohne den Chef, aber durchaus mit Unterstützung eines Moderators erarbeiten die Praxismitarbeiterinnen in offener Diskussion statt auf einem Fragebogen kritische Punkte bezüglich des Arbeitsklimas.

Ohne den Chef, aber durchaus mit Unterstützung eines Moderators erarbeiten die Praxismitarbeiterinnen in offener Diskussion statt auf einem Fragebogen kritische Punkte bezüglich des Arbeitsklimas.

© Peggy Blume / fotolia.com

BREMEN (cben). Das Wissen der Praxis- oder Stationsmitarbeiter wird von den Chefs noch zu wenig genutzt. Zu Unrecht. Denn Mitarbeiterbefragungen können helfen, verborgene Potenziale zu entdecken und die Arbeitsbedingungen zu optimieren.

Beispiel: In einem Krankenhaus kommt es immer wieder zu unerwartetem Personalausfall. Der Krankenstand ist hoch, die angespannte Situation führt zu einem gereizten Umgangston. Darüber beschweren sich Angehörige der Patienten; der Ruf des Hauses leidet.

Oder: In einem neuen MVZ haben zwei Ärzte und eine Ärztin die Leitung übernommen. Plötzlich müssen sie ihren Kollegen Kostendruck weitergeben und mit ihnen über Mieten und Instandhaltungskosten konferieren. Das ehemals sehr gute Klima kühlt ab. Die Zusammenarbeit leidet und damit die Praxisangestellten, die Patienten und der Umsatz.

Das Personal deckt Missstände oft schneller auf

Ob Stress an der Anmeldung, fehlende Ruheräume, Ärger mit der Dienstübergabe, neue Aufgaben im Kollegenkreis oder entgleistes Teamklima - oft sind es die Mitarbeiterinnen in Praxis und Klinik selber, die wie ein Seismograf die Erschütterungen des Arbeitsklimas als erste wahrnehmen und Missstände aufdecken können.

"Denn die Beschäftigten kennen ihren Laden", sagt Matthias Wilhelm, Referent für Gesundheitsmanagement bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) der "Ärzte Zeitung". Auf dieses besondere Know How ihrer Mitarbeiterinnen sollten Praxis- und Klinikchefs nicht verzichten. Sonst würden sie die Chance, Gesundheit, Motivation und Leistungsfähigkeit ihrer Beschäftigten zu stärken vergeben und stattdessen den Praxiserfolg schmälern.

Für wen eignet sich BGW-asita?

Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) bietet Praxen und Kliniken mit asita ein fertiges Konzept für die Arbeitsplatzbewertung. Dieses eignet sich besonders für:

für Teams ab einer Größe von 6 bis 12 Beschäftigten;

für Einrichtungen mit bis zu 50 Beschäftigten, in denen aufgrund der geringen Mitarbeiterzahl keine schriftliche Befragung durchführbar ist;

für besonders belastete Arbeitsbereiche oder Teams: Indikatoren sind etwa bereits geäußerte Unzufriedenheit der Mitarbeiter oder hohe Krankenstände;

für Teams, die über die Ist-Analyse hinaus Ansatzpunkte für betriebliches Gesundheitsmanagement suchen.

Um den Erfahrungsschatz der Mitarbeiter zu heben, bietet die BGW zum Beispiel spezielle Arbeitssituationsanalysen (asita) für die Praxen oder Krankenhäuser. "Thematisiert wird dabei unter anderem die Arbeitsumgebung, die Organisation, die Arbeit selbst, gesundheitliche Aspekte, das Klima im Team oder das Verhältnis zur Leitung", sagt Wilhelm.

In der geschützten Atmosphäre eines rund dreistündigen Workshops erarbeitet zunächst das Schwestern- oder MFA-Team in einer moderierten Gruppendiskussion die wichtigsten Aspekte - ohne Vorgesetzte, versteht sich, dafür mit Hilfe eines internen Moderators oder externen Beraters der BGW.

"Natürlich werden die Ergebnisse anonymisiert, bevor sie mit der Leitungsebene der Praxis oder der Klinik besprochen werden", betont Wilhelm. Anhand der asita-Ergebnisse sehen die Chefs schnell, wo in Praxis und Station der Schuh drückt.

Der Erfolg hängt vom guten Willen des Chefs ab

So könnte die asita in dem Krankenhaus aufzeigen, dass zu bestimmten Tageszeiten die Stressbelastung als besonders hoch empfunden wird und dass viele Schwestern unter Rückenschmerzen leiden. "Daran kann man ansetzen", so Wilhelm, "zum Beispiel die Dienstpläne und Arbeitsabläufe optimieren und ein gezieltes Projekt zur Prävention von Rückenbeschwerden starten."

Zusammen mit den BGW-Beratern und den Projektbeteiligten erarbeiten die Praxis- und Klinikchefs Ziele und Wege, sie auch zu erreichen. Selbstverständlich wird die Mitarbeitervertretung von Anfang an in das Projekt einbezogen, so Wilhelm.

"Weil die Arbeitssituationsanalyse einer festen Struktur folgt, können in einem größeren Rahmen auch mehrere Workshops mit verschiedenen Gruppen oder Bereichen stattfinden und die Ergebnisse zusammengetragen werden", so Wilhelm. Grundsätzlich sollte nicht zu eng gedacht werden. Vielmehr sollte systematisch der ganze Betrieb einbezogen werden.

Allerdings: Die Leitung muss wollen. Erfolge zeigen sich nur, wenn Probleme nicht nur aufgedeckt, sondern anschließend auch bearbeitet werden.

"Erfahrungen der BGW zeigen, dass sich durch Mitarbeiterbefragungen die Motivation und Gesundheit der Beschäftigten oft beträchtlich steigern lassen. Sie fühlen sich einbezogen und merken, dass ihre Beteiligung und ihr Wissen positive Veränderungen bewirken", sagt Wilhelm.

Die Arbeitszufriedenheit, Motivation und Identifikation mit dem Betrieb steigen. Das kann sich auch in der Qualität der geleisteten Arbeit widerspiegeln, die Mitarbeiter- und Patientenzufriedenheit erhöhen und schließlich den Praxis- und Klinik-Erfolg steigern.

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