Ärztenetze buhlen um die Gunst der Kassen

In strukturschwachen Gebieten könnten Praxisnetze für die Versorgungssicherheit zuständig werden. Das schlagen die Manager großer Ärztenetze vor. Es gibt allerdings Probleme, die noch zu lösen sind.

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Praxisnetze: Das Tauziehen geht weiter.

Praxisnetze: Das Tauziehen geht weiter.

© jake hellbach / fotolia.com

NEU-ISENBURG (ger). Das Tauziehen um Praxisnetze im GKV-Versorgungsstrukturgesetz geht weiter. Der Änderungsantrag, der eine finanzielle Förderung von Arztnetzen vorsieht, war zunächst als "Bruderhilfe" kritisiert worden. Dagegen verwahrten sich daraufhin führende Arztnetze.

Nun haben die Netzmanager mehrerer großer Netze weitere strukturelle Probleme für die Netzarbeit benannt, die mit Hilfe des Gesetzes gelöst werden könnten.

Einzelpraxen können nur schwer alles koordinieren

Die Versorgung und optimale Hilfe für Patienten seien heute häufig ein "multiprofessionelles Geschehen", das außerdem das Zusammenwirken von ganz vielen Partnern vor Ort nötig mache.

"Die einzelne Praxis ist zu einer solchen Koordinationsaufgabe kaum in der Lage", schreiben die Netzmanager Helmut Hildebrandt (Gesundes Kinzigtal und OptiMedis), Dr. Veit Wambach (QuE in Nürnberg), Mark Kuypers (solimed in Solingen) und Professor Thomas Wolf (prowocon und MainArzt) der "Ärzte Zeitung".

Ein professionell gestützter Gesundheitsverbund mit Haus- und Fachärzten sowie weiteren Partnern könne dafür sorgen, dass eine solche Koordination auch auf Dauer funktioniert. Das könne positive Wirkungen auf den Gesundheitszustand der Patienten und auf die Kostenseite haben, so die Netzmanager weiter.

Neue Formen für die Netze gefordert

Das bisherige ehrenamtliche Engagement in vielen Netzen könne so eine Arbeit nicht auf Dauer halten. Daher müssten andere Formen geschaffen werden, damit eine solche Koordinationsaufgabe mit den langfristigen Vorteilen für die Versorgung geleistet werde.

Die Krankenkassen profitierten besonders von solchen Netzleistungen. Sie als Partner zu gewinnen sei aber nicht einfach, da sie zunächst investieren müssten - was sie aus Sorge, dass sie Zusatzbeiträge erheben müssen, scheuten.

"Hilfreich wäre es deshalb, Krankenkassen es durch einen Förderung aus dem Gesundheitsfonds zu erleichtern, eine solche Investition in die Zukunft zu refinanzieren", heißt es.

Netze wollen selber als Leistungserbringer auftreten

Regionale Netze und Gesundheitsverbünde könnten zusätzlich weitere Aufgaben sinnvoll übernehmen. So könnten sie auf der regionalen Ebene Verantwortung für die Versorgungssicherheit übernehmen.

Dies gilt sowohl in Gemeinden, wo Arztsitze nicht wiederbesetzt werden können, aber auch in städtischen Regionen, wo in sozial schwächeren Gebieten ähnliche Versorgungsengpässe auftreten.

Arztnetze sollten dafür die Möglichkeit erhalten, selber als Leistungserbringer einzutreten und mit angestellten jüngeren Ärztinnen und Ärzten für solche Situationen die Verantwortung zu übernehmen.

Bestehende Probleme müssen gelöst werden

Ganz praktisch stellten sich auch in der integrierten Versorgung noch einige Probleme, deren Lösung helfen würde, die Vernetzung voranzutreiben:

Die Unsicherheit rund um die Mehrwertsteuer sollte endlich gelöst werden: Wenn eine Leistung des Netzes oder der professionellen Geschäftsstelle darin besteht, diese Versorgung für adipöse Diabetiker zu organisieren, dann ist das eine heilberufliche Leistung, und die sollte nicht durch die Mehrwertsteuer zusätzlich belastet werden, schreiben die Netzmanager.

Auch im Bereich des Datenschutzes seien noch Präzisierungen nötig. Ein integriertes Gesundheitsnetz muss als ein Hybrid aus einem virtuellen Krankenhaus und einer Krankenkasse gesehen werden, wo zum Beispiel die Verordnungsdaten der Patienten untereinander zum Nutzen des Patienten und bei seinem Einverständnis von allen Beteiligten gesehen werden können.

Dafür müssten dann aber auch alle Mitarbeiter auf die ärztliche Schweigepflicht verpflichtet werden. Aktuell bestehe in diesem Bereich viel Unsicherheit.

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