Folge 5

Honorarverteilung läuft künftig auf KV-Ebene

Wie wirkt sich das geplante GKV-Versorgungsstrukturgesetz in der Praxis aus? In Folge 5 der Serie der "Ärzte Zeitung" in Kooperation mit der Deutschen Apotheker- und Ärztebank stehen die Regelungen zum ärztlichen Honorar auf dem Prüfstand.

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Pfennig- oder Centfuchser? Die morbiditätsorientierte Gesamtvergütung wird für Vertragsärzte im kommenden Jahr nur wenig steigen.

Pfennig- oder Centfuchser? Die morbiditätsorientierte Gesamtvergütung wird für Vertragsärzte im kommenden Jahr nur wenig steigen.

© Emil Umdorf / imago

NEU-ISENBURG (ger). Noch ist beim GKV-Versorgungsstrukturgesetz vieles im Fluss, gerade bei den Regelungen, die das Honorar betreffen. Erst vor kurzem ist die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) mit der Forderung nach einer Konvergenz der Arzthonorare in die Anhörung vor dem Gesundheitsausschuss gegangen.

Vor der im Gesetzentwurf vorgesehenen Regionalisierung der Honorarverhandlungen will die KBV erreichen, dass das Honorarniveau in KVen mit bisher unterdurchschnittlicher Gesamtvergütung an das in besser situierten KVen angeglichen wird.

Der Behandlungsbedarf wird regional vereinbart

Fünftes Sozialgesetzbuch, Paragraf 87 b, Absatz 1:

"(...) Die Kassenärztliche Vereinigung wendet bei der Verteilung [der Gesamtvergütung] den Verteilungsmaßstab an, der im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen festgesetzt worden ist. Bisherige Bestimmungen, insbesondere zur Zuweisung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen, gelten bis zur Entscheidung über einen Verteilungsmaßstab vorläufig fort."

Paragraf 87 d, Absatz 1: "Für das Jahr 2012 ist kein Beschluss (...) zur Anpassung des Orientierungswertes (...) zu treffen. Der (...) Punktwert wird für das Jahr 2012 nicht angepasst."

Absatz 2: "Der Behandlungsbedarf für (...) 2012 ist je Kasse zu ermitteln, indem der für (...) 2011 vereinbarte Behandlungsbedarf je Versicherten um 1,25 Prozent erhöht wird."

Ob diese politische Forderung durchsetzbar sein wird, lässt sich schwer sagen. Sicher ist, dass die regionale Ebene in den Honorarverhandlungen sehr viel mehr Einfluss bekommen wird als bisher.

"Das kann durchaus ein Vorteil für Ärzte in bisher benachteiligten Kassenärztlichen Vereinigungen sein", meint Jens Leutloff von der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank). Entscheidungen können dann näher an der ärztlichen Basis gefällt werden und sich stärker am regionalen Bedarf orientieren.

"Je nach Verhandlungsverlauf wird es aber weiterhin Honorarunterschiede geben", so Leutloff. Manche KVen müssten vielleicht Abstriche machen, während andere Zuwächse erzielen könnten. "Die Krankenkassen wollen weiter vermeiden, von ihren Versicherten einen Zusatzbeitrag erheben zu müssen.

Das Füllhorn wird daher sicher nicht über die Ärzte ausgeschüttet werden", erwartet der Gesundheitsökonom.

2012 bleibt Punktwert unverändert bei 3,5048 Cent

Die Festlegung der Honorare soll in Zukunft nach den Regeln des Gesetzentwurfs folgendermaßen ablaufen: Zunächst wird auf Bundesebene ein Punktwert als Orientierungswert bestimmt - 2012 bleibt dessen Höhe unverändert bei 3,5048 Cent.

Auf KV-Ebene wird dann von KV und Krankenkassen ein regionaler Punktwert ausgehandelt. Für besonders förderungswürdige Leistungen, besonders in unterversorgten Gebieten, sind Zuschläge möglich - diese werden für das Jahr 2012 aber auf Vorjahresniveau eingefroren. Erst danach sollen neue Zuschläge vereinbart werden können.

Honorierung orientiert sich 2012 nicht an Morbiditätsentwicklung der Versicherten

Zum Behandlungsbedarf macht der Bewertungsausschuss auf Bundesebene in Zukunft keine Vorgaben mehr. Er gibt nur noch Empfehlungen, die auf Berechnungen des Instituts des Bewertungsausschusses basieren. KV und Krankenkassen vereinbaren dann unter Berücksichtigung der Morbiditätsentwicklung sowie der demografischen Entwicklung die Höhe der Gesamtvergütung.

"Die Krankenkassen wollen Zusatzbeiträge vermeiden. Das Füllhorn wird daher nicht über die Ärzte ausgeschüttet werden." Jens Leutloff, Deutsche Apotheker- und Ärztebank

Abweichend davon bleibt 2012 die Deckelung der Gesamtvergütung bestehen. Wie schon im vergangenen Jahr wird sich die Höhe der Honorierung nicht an der Morbiditätsentwicklung der Versicherten orientieren.

Die Steigerung des Behandlungsbedarfs ist gesetzlich auf 1,25 Prozent festgelegt. Der Zuwachs sei bescheiden, so Leutloff. "Aber angesichts der unsicheren Entwicklung der Konjunktur ist es positiv, dass die Entwicklung auf jeden Fall weiter nach oben geht."

Die KV verteilt dann die Gesamtvergütung auf ihre Mitglieder - und legt zugleich honorarbegrenzende Maßnahmen fest. Beim Verteilungsmaßstab für die Vergütung haben die KVen größeren Spielraum als bisher, da für die Verabschiedung nicht mehr das Einverständnis der Krankenkassen erforderlich ist. Sie müssen sich allerdings um ein Einvernehmen mit den Kassen bemühen.

Die RLV werden nicht gleich abgeschafft

Honorarexperten rechnen allerdings mindestens für das erste Halbjahr 2012, wahrscheinlich auch noch für das dritte Quartal, nicht damit, dass die bisherige Praxis mit den Regelleistungsvolumen geändert wird. Erst Mitte November wird sich der Bewertungsausschuss nach Informationen der "Ärzte Zeitung" mit der Umsetzung der geplanten Gesetzesänderung befassen.

Und bis danach die Verteilungsregeln ausgearbeitet sind, werde es sicher noch einige Zeit dauern. Wie die KVen ihren Gestaltungsspielraum nutzen und was das für die Honorare der einzelnen Ärzte bedeutet, wird sich dann im Laufe des kommenden Jahres zeigen.

Künftig keine Budgetdeckel mehr für extrabudgetäre Leistungen

Immerhin: An einer Stelle wird der Budgetdeckel wegfallen - bei den extrabudgetären Leistungen: Der einschlägige Absatz 4 des Paragrafen 87 d fällt ersatzlos weg. Diese Leistungen waren - mit Ausnahme von Präventionsleistungen - im Zuge des GKV-Finanzierungsgesetzes für 2011 im Mengenwachstum begrenzt worden.

Das hatte vor allem bei den ambulanten Operateuren für Ärger gesorgt. Sie sahen sich im Wettbewerb mit Krankenhäusern im Nachteil.

Die apoBank begrüße diese Änderung, weil die Ärzte jetzt die extrabudgetären Leistungen, die sie erbringen, "wieder vollständig abrechnen können", so Jens Leutloff. So könnten die Vertragsärzte zwar nicht erwarten, dass mit dem GKV-VStG viel mehr Geld ins System fließe. Aber an einigen Stellen sei doch eine positive Entwicklung zu erwarten.

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Was halten Sie von den geplanten Änderungen des GKV-VStG? Glauben Sie, dass die Landarztförderung greifen wird und die Versorgungsprobleme auf dem Land lösen oder wenigstens lindern wird? Welche anderen Lösungsmöglichkeiten sehen Sie? Schreiben Sie uns! Sie können uns Ihre Meinung mitteilen - entweder E-Mai, per Brief oder per Fax!

Per E-Mail: wi@aerztezeitung.de Per Brief: Ärzte Zeitung, Redaktion Wirtschaft, Postfach 20 02 51, 63077 Offenbach Per Fax: 0 61 02 / 50 62 66

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