Hausärzten geht es weniger um mehr Geld

Eine Hausärztin hat in einer Umfrage Kollegen gefragt, was diese für ihre künftige Arbeit brauchen. Das Ergebnis: weniger Bürokratie und mehr Zeit für Patienten.

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HANNOVER (cben). Hausärzte: Ganz selbstbewusst oder "ganz hinten in der Kette"? Theresia Lautenschlager, Psychotherapeutin und Hausärztin aus Hannover, wollte es genau wissen und hat ihre Kolleginnen und Kollegen per Umfrage direkt angesprochen.

"Ich wollte wissen, wie sie sich in ihrem Beruf fühlen angesichts unsicherer Honorargrundlagen, des schleichenden Wertverlustes der Praxen oder der langen Arbeitszeiten", so Lautenschlager zur "Ärzte Zeitung".

"Warum sind Sie stolz darauf, Hausarzt zu sein?", fragte sie ihre Kollegen auf der Jahrestagung 2010 des Bezirksverbandes Hannover des Deutschen Hausärzteverbandes. "Was brauchen Sie persönlich, um als Hausarzt gut zu arbeiten?"

Und: "Worauf wird es für Hausärzte künftig stärker ankommen?" Um es gleich zu sagen, so Lautenschlager, "das Geld steht nicht an erster Stelle! Vielmehr kämpfen die Kollegen mit der Bürokratie."

Bedrohung durch Regresse schlagen aufs Gemüt

Stolz empfinden die Kollegen auf ihre Funktion als Universalisten, die den ganzen Menschen, mehr noch, auch die Familie des Patienten im Blick haben. Wenn die Patienten vom Facharzt kommen, dann müssen die Hausärzte zum Beispiel dolmetschen, was denn eigentlich die Befunde der Spezialisten bedeuten.

Kurz: "Aus gutem Grund ist die sprechende Medizin das eigentliche Alleinstellungsmerkmal der Allgemeinmediziner", schreibt Lautenschlager in ihrer Auswertung der Fragebögen.

Zugleich gehe der Raum für sprechende Medizin immer weiter zurück. "Genügend Zeit für die Patienten" wünschen sich fast unisono die Kollegen, um als Hausarzt weiter gut arbeiten zu können.

Die zunehmende Bürokratie und ständige Bedrohung durch mögliche Regresse "schlägt den allermeisten Kolleginnen und Kollegen aufs Gemüt", so Lautenschlager. "Es verunsichert und ängstigt sie. Und es lässt sie ratlos zurück. Es raubt ihnen die Kraft und macht sie mutlos."

Größere Würdigung ihrer Arbeit erwünscht

Entsprechend dieser niederdrückenden Diagnose wünschen sich die Hausärzte für die Zukunft eine größere Würdigung ihrer Arbeit und die öffentliche Anerkennung als Generalisten und Therapeuten.

"Sie sollten sich nicht auf ihre Lotsenfunktion reduzieren lassen", fordert Lautenschlager. Künftig sollten Allgemeinmediziner auch in der Prävention und der Gesundheitsförderung eine größere Rolle spielen, wünschen sich die Kollegen.

Allerdings: Wie repräsentativ diese Aussagen sind, ist unklar. Lautenschlager hat die Umfrage unter 60 Kolleginnen und Kollegen gestartet.

Zwölf haben den Bogen ausgefüllt zurückgegeben. Und die anderen? Diejenigen, die sich zurückgezogen haben, "bilden das Dunkelfeld, von dem keiner weiß, wie groß es ist", so Lautenschlager.

Schließlich berichtet sie von einem Kollegen, der die Haltung der Resignierten so formuliert: "Worauf es in Zukunft ankommen wird, ist meiner Meinung, nicht mehr kalkulierbar. Ich versuche nur noch, mir selbst treu zu bleiben."

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