Hintergrund

Das erwarten Ärzte von Pharma-Außendienstlern

Kommen Außendienst-Mitarbeiter der Pharmaindustrie in die Praxis, nur um über Produkte zu informieren, bringt das den Ärzten wenig. Das geht aus einer Umfrage hervor. Sie zeigt auch: Die Ärzte haben ganz bestimmte Erwartungen an die Außendienstler.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Ärzte erwarten einen Zusatznutzen, wenn sie den Pharma-Außendienst empfangen.

Ärzte erwarten einen Zusatznutzen, wenn sie den Pharma-Außendienst empfangen.

© dpa

Für Hausärzte sind Außendienst-Mitarbeiter der pharmazeutischen Industrie vor allem dann von Interesse, wenn sie der Praxis einen spürbaren Zusatznutzen bringen.

Geht es bei den Besuchen ausschließlich um die Medikamente, können die meisten niedergelassenen Ärzte darauf verzichten.

Das gilt vor allem deshalb, weil den Medizinern eine praktische Alternative zur Verfügung steht: das Internetangebot der betreffenden Unternehmen.

"Der pharmazeutische Außendienst wird für die Hausärzte um so weniger ersetzbar, je individueller die Dienstleistungen sind", erläutert Klaus-Dieter Thill, Leiter des Düsseldorfer Instituts für betriebswirtschaftliche Analysen, Beratung und Strategieentwicklung (IFABS), im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".

Beim Außendienst sehen Ärzte wenig Bedarf

Für die Auswertung hat Thills Institut 470 zufällig ausgewählte Praxen von Allgemeinmedizinern, hausärztlichen Internisten sowie praktischen Ärzten telefonisch zu ihrer Einschätzung des Pharma-Außendiensts befragt.

Dabei hat sich gezeigt, dass die große Mehrheit der Ärzte für Leistungen wie die Information über Produkte, medizinische Themen, die Gesundheitspolitik sowie Disease-Management- und andere Programme oder Integrierte Versorgungsverträge beim Außendienst wenig Bedarf sieht.

Die Aufklärung über neue und bereits etablierte Präparate oder die Abrechnung spielt zwar eine etwas größere Rolle für die niedergelassenen Ärzte. Doch selbst in diesen Fällen hält kaum ein Arzt seinen Außendienst-Mitarbeiter für unverzichtbar.

Bei den Informationsangeboten sitzt die Konkurrenz der Mitarbeiter meist im eigenen Haus. "Wenn ein Arzt etwas über ein Arzneimittel wissen will, ruft er nicht mehr den zuständigen Außendienstmitarbeiter an, sondern er geht auf die Internetseite des Unternehmens", sagt Thill.

"Pharmaindustrie muss dem Außendienst einen Zusatznutzen an die Hand geben"

"Das Medium, das eigentlich zur Unterstützung gedacht ist, wird zum Ersatz." Hersteller, die beim Außendienst in erster Linie das Gespräch über die vertriebenen Arzneimittel in den Fokus stellen, verfolgen nach Thills Einschätzung die falsche Strategie.

Das gelte insbesondere für die Erinnerungs-Besuche bei Altpräparaten. "Die Pharmaindustrie muss dem Außendienst einen Zusatznutzen an die Hand geben, damit er weniger ersetzbar ist", verdeutlicht er mit Nachdruck.

Das können nach der aktuellen Erhebung und früheren Untersuchungen des IFABS sowohl die Unterstützung bei Fragen der Praxisorganisation als auch Fortbildungsveranstaltungen sein. "Hier ist die Industrie im Vergleich zu anderen Anbietern nach wie vor weit vorn", resümiert Thill.

Eine mangelnde Neutralität fürchten die Hausärzte bei den Industrie-Fortbildungen nicht. "Sie sind in der Lage, das herauszuziehen, was sie an objektiven Informationen benötigen."

Qualität der Betreuung hat sich verschlechtert

Am wenigsten austauschbar sind die Pharmareferenten aus Sicht der Hausärzte bei individuellen Dienstleistungen für die eigene Praxis. "Gerade im Bereich der praxisinternen Fortbildung und -beratung sehen viele Ärzte kaum eine Alternative, passende Angebote zu finden", so der IFABS-Leiter.

Nach Einschätzung vieler Teilnehmer an der Befragung hat sich die Qualität der Betreuung durch den Pharma-Außendienst in den vergangenen zwei Jahren negativ entwickelt. So gaben 16,6 Prozent an, die Qualität habe sich deutlich verschlechtert.

Für 36,1 Prozent hat sie sich hingegen eher verschlechtert. Ein gleich gebliebenes Niveau bescheinigten dem Pharma-Außendienst 32,7 Prozent der Ärzte. Nur 8,2 Prozent sehen eine Verbesserung und 6,4 Prozent eine deutliche Verbesserung.

Als wesentliche Gründe für diese negative Einschätzung nannten die Hausärzte nach Angaben von Thill den häufigen Wechsel der betreuenden Mitarbeiter, die schlechtere Ausbildung, die Vermittlung von zu vielen bekannten Informationen, zu häufige Besuche und immer weniger Service.

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