Praxis-Ansiedlung

70 Quadratmeter zu viel spalten die Gemeindegemüter

Im bayerischen Röhrmoos soll eine Gemeinschaftspraxis ein neues Gebäude in der Ortsmitte beziehen. Nun könnte das Projekt daran scheitern, dass ein Arzt die Gemeinde verlassen hat – und sich ein Raumüberschuss auftut.

Von Christina Bauer Veröffentlicht:
Daumen hoch oder runter für das Ärztehaus in Röhrmoos? Noch ist nichts entschieden.

Daumen hoch oder runter für das Ärztehaus in Röhrmoos? Noch ist nichts entschieden.

© OrangeDukeProductions / iStock.com

RÖHRMOOS. Der 6500-Seelen-Ort Röhrmoos nördlich Münchens diskutiert über ein Ärztehaus. Genauer, über eine Ärzte-Etage in einem Haus, das bald gebaut werden soll. Beschlossen wurde das 2017 von der Gemeinde – dieser gehört das Grundstück.

Da schien klar, dass das Erdgeschoss zur Praxis wird, in die Rheumatologe Dr. Ekkehard Pelzl, Internist Dr. Robert Jetschny und ihre Kollegen einziehen.

Die vier Ärzte sind bisher mit zehn Mitarbeitern im Ortsteil Schönbrunn tätig, etwa zweieinhalb Kilometer weiter östlich. Durch den Umzug ins Zentrum wäre die Praxis für viele Patienten besser zu erreichen.

Dann aber entschied sich einer der Kollegen, in Dachau tätig zu werden. Die für ihn eingeplanten Endoskopie-Räume entfallen, die Ärzte benötigen für ihre Praxis nun 70 Quadratmeter weniger.

Die zuständige Baufirma Reischl aus Dachau, die unter anderem schon Gebäude für das Klinikum Dritter Orden und die Heckscher Klinik in München gebaut hat, möchte daher eine Aufteilung.

 Ein Teil gewerbliche Nutzung für die Praxis, ein Teil sogenannte untergeordnete Wohnnutzung, als reguläre Wohnung. Die, so die Einschätzung, ließe sich besser vermieten als ein zweiter, kleiner Gewerberaum.

Veto des Gemeinderates

Im Februar stimmte der Gemeinderat gegen eine entsprechende Festlegung. Es wurden Stimmen laut, die gesamte Etage solle gewerblich genutzt werden. Der Vorschlag des Bürgermeisters Dieter Kugler (CSU), die 70 Quadratmeter als Mitarbeiterwohnung zu deklarieren und über einen städtebaulichen Vertrag abzusichern, wurde abgelehnt.

Ob die Praxis umziehen kann, scheint damit auf einmal fraglich. Der derzeitige Bebauungsplan sieht für das Erdgeschoss gewerbliche Nutzung vor, für die oberen Stockwerke Wohnnutzung. Wolfgang Götz, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins und Fraktionssprecher im Gemeinderat, versteht das nicht.

Als einer von fünf Gemeinderatsmitgliedern von SPD, CSU und FWR stimmte er für die teilweise Wohnnutzung im Erdgeschoss. Zu wenig, bei zwölf Gegenstimmen. "Das war eine etwas merkwürdige Diskussion, die sich da aufgetan hat", urteilt Götz im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".

An 70 Quadratmetern solle der Praxisumzug jedenfalls nicht scheitern. Der ziele immerhin auf eine bessere Versorgung. Gleich nebenan sollen etwa 26 Seniorenwohnungen entstehen.

Lage nahe der S-Bahn-Station wäre für Patienten besser

Für die Bewohner wären die Ärzte, die unter anderem Rheumatologie, Allgemeinmedizin, Innere Medizin, Pneumologie, Palliativmedizin und Notfallmedizin anbieten, unmittelbar erreichbar.

"Im Sinne des Gemeinwohls wäre das auf jeden Fall zu begrüßen", sagt Götz. Die zentrale Lage nahe der S-Bahn-Station wäre für viele der insgesamt 3000 Praxispatienten günstiger.

"Es geht sowohl um die Senioren als auch um andere Bürger", sagt Internist Jetschny der "Ärzte Zeitung". Zudem wären die neuen Räume modern und barrierefrei. Am Ort gibt es sonst nur eine Arztpraxis, die von der Allgemeinärztin Dr. Gabriele Pöschl alleine geführt wird.

Die Befürworter des Ärzte-Umzugs hoffen nun, dass der Gemeinderat bald neu berät, und anders entscheidet. Dafür sind auch viele Bürger.

In nur zwei Wochen sammelte Karin Decker vom Runden Tisch Seniorenarbeit über 650 Unterschriften, berichtet Seniorenhelferin Paula Herzinger. Mitte April sei die Petition Bürgermeister Kugler überreicht worden.

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Herzinger selbst hat bereits im März, während der vorschriftsmäßigen öffentlichen Auslegung des Bebauungsplans, schriftlich Einwendung erhoben.

Diese Möglichkeit haben auch noch andere genutzt, sagt Bauamtsleiter Patrick Westermair. In der nächsten Sitzung müsse der Gemeinderat nun alle Einwendungen bewerten – auch Deckers Bürgerpetition.

Schlussendlich könnten sich die Wünsche von Ärzten, Bürgern und Bauträger womöglich doch noch realisieren lassen.

"Der Gemeinderat hat immer die Möglichkeit, Änderungen vorzunehmen", versichert Westermair.

Die nächste Gemeinderatssitzung findet voraussichtlich Mitte Mai statt. "Wir sind sehr zuversichtlich, dass die zweite Abstimmung zu einem guten Ergebnis führt", so Seniorenhelferin Herzinger. Dass eine Extra-Wohnung im Erdgeschoss des neuen Hauses sofort Mieter fände, da sei sie jedenfalls ganz sicher.

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