Gröhe

"Eine halbe Pizza im Monat für mehr Gesundheit lohnt sich"

Die Diskussion über die Erhöhung der Beitragssätze in der GKV wurmt den Gesundheitsminister. Bei der Medica betonte er den erheblichen Gegenwert.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:

DÜSSELDORF. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe hat dazu aufgefordert, bei der Diskussion über mögliche Beitragssteigerungen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) die Verhältnismäßigkeit zu wahren.

In Deutschland nehme die gesamte Bevölkerung über die GKV am medizinisch-technischen Fortschritt teil, betonte Gröhe auf dem Medica Econ Forum der Techniker Krankenkasse (TK) in Düsseldorf.

"Wenn der Zusatzbeitrag um 0,2 Prozentpunkte steigt, finde ich das Wort von der Beitragsexplosion, das schnell in der Zeitung mit den vier großen Buchstaben steht, unangemessen."

Bereits bei der Eröffnung des 38. Deutschen Krankenhaustages hatte Gröhe betont, dass bei einem Monatsverdienst von 3000 Euro das Plus von 0,2 Prozentpunkten gerade einmal sechs Euro im Monat bedeute. "Das ist unter Düsseldorfer Bedingungen eine halbe Pizza."

Minister sieht die Mehrheit hinter sich

Wenn man über Leistungsverbesserungen rede, dann müsse man auch über die Folgen für die Finanzierung reden. Der Minister sieht die "überwältigende Mehrheit der Menschen in diesem Land" hinter sich.

Sie halte Beitragssatzsteigerungen für bessere Leistungen der Pflegeversicherung für Demenzkranke für richtig.

Die Verbesserung der Pflegeleistungen sieht auch der TK-Vorsitzende Dr. Jens Baas als sinnvolle Ausgabe. Das sei aber nicht bei allen Gesetzesvorhaben klar.

"Ebenso muss diskutiert werden, ob es bei allem immer nur die GKV ist oder ob man auch die private Krankenversicherung stärker beteiligen muss", sagte Baas.

Notwendig seien Perspektiven, wie Ausgabensteigerungen eingedämmt werden können. "Die Kostendämpfung wird ein Thema sein." Für den TK-Chef ist dabei die Qualität das alles entscheidende Thema.

Schlechte Qualität müsse aus der Versorgung genommen werden, dann könne gute Qualität besser bezahlt werden. "Wenn man Rationierung nicht will, dann bleibt einem nichts anderes, als in die Qualität zu gehen", sagte er.

Eine "verschleiernde" Diskussion?

Seiner Einschätzung nach gibt es zu häufig eine "verschleiernde" Diskussion über Qualität. Die meisten Ärzte und Kliniken würden ihre Arbeit gut machen, das sei nicht das Problem.

Die eigentliche Frage sei, ob sie Dinge tun, die wirklich notwendig sind. "Es geht um die Indikationsqualität", erläuterte Baas.

Notwendig sei die Verständigung darüber, nach welchen tauglichen Maßstäben Qualität gemessen werden kann, findet der Bundesgesundheitsminister. Zudem müssten die Maßstäbe transparent sein.

Die Herausforderung bestehe darin, in Qualität, Patientennutzen und Effizienz zu investieren. "Gerade in wirtschaftlich guten Zeiten müssen wir nicht nur in ein Mehr an Leistungen investieren, sondern auch in effizientere Strukturen", betonte Gröhe. Das gelte insbesondere für die sektorübergreifende Versorgung.

Einig waren sich Gröhe und Baas darin, dass der Ausbau der Telematik und der Telemedizin eine entscheidende Rolle bei der Verbesserung der Versorgung spielen werden.

Die Telematik bringe eine neue Geschwindigkeit in die Entwicklung, sagte der TK-Chef. "Das ist die Einzelmaßnahme, von der ich mir am meisten verspreche."

Gröhe ist überzeugt, dass die Androhung finanzieller Sanktionen bei Verzögerungen der elektronischen Gesundheitskarte bereits wirkt. "Die Ankündigung: Wer blockiert, der zahlt, führt schon dazu, dass mehr und anders miteinander geredet wird."

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