Vollzeitjob für Alleinerziehende nicht zwingend

KARLSRUHE (dpa). Alleinerziehenden Müttern und Vätern, die Unterhalt vom Ex-Partner beziehen, ist ein Vollzeitjob auch dann nicht unbedingt zumutbar, wenn die Kinder ganztags in Kita oder Schule untergebracht sind. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag in einem Grundsatzurteil entschieden.

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Zwar begrenzt das seit Anfang des Jahres geltende Unterhaltsrecht nach einer Trennung der Eltern Zahlungsansprüche für die Betreuung eines gemeinsamen Kindes in der Regel bis zum dritten Lebensjahr. Nach Ansicht des BGH kann aber auch bei älteren Kindern für den betreuenden Elternteil eine so große Doppelbelastung entstehen, dass nur ein Teilzeitjob zumutbar ist.

Im konkreten Fall ging es um eine unverheiratete Mutter zweier sieben und zehn Jahre alter Kinder. Die in Düsseldorf lebende gelernte Fernmeldemechanikerin, die noch einen 13-jährigen Sohn aus einer früheren Ehe hat, war mit ihrem Partner kurz vor der Geburt ihrer 1997 geborenen Tochter zusammengezogen. Nach Angaben ihres Anwalts Herbert Geisler hat sich der Vater - Geschäftsführer in der Computerbranche - nach der Geburt des zweiten Kindes im Januar 2001 damit einverstanden erklärt, dass sie zu Hause bleibt und er für den Unterhalt sorgt. 2002 trennte sich das Paar.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf sprach der Frau pro Monat 216 Euro Unterhalt bis zum sechsten Lebensjahr des jüngsten Kindes zu. Die Frau ging in Revision und forderte von ihrem Ex-Partner gut 1300 Euro Betreuungsunterhalt pro Monat - was dieser unter Verweis auf das neue Unterhaltsrecht ablehnte.

Der BGH hat jetzt das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) aufgehoben und den Streitfall zur erneuten Verhandlung an dieses zurück überwiesen. Das OLG muss nun prüfen, ob der Umfang, in dem die Mutter selbst für ihren Unterhalt sorgen muss, nach dem Alter der Kinder gestaffelt werden kann.

Im Mittelpunkt wird dabei die Frage stehen, ob der für die Betreuung zuständigen Mutter (oder dem Vater) immer dann ein Vollzeitjob zumutbar ist, wenn die Kinder beispielsweise in einer Ganztages-Kita oder einer Schule mit Nachmittagsbetreuung untergebracht sind. Dann entfiele ihr Anspruch auf Betreuungsunterhalt, nur die Kinder selbst bekämen weiterhin Unterhalt.

Der Bundesgerichtshof deutete an, dass auch bei einem Ganztages-Platz ein Vollzeitjob eine unverhältnismäßige Belastung sein könnte, weil die Mutter sich zusätzlich um Kind und Haushalt kümmern müsse.

"Der Gesetzgeber hat die Feinabstimmung auf die Gerichte verlagert", sagte Norbert Gross, Anwalt des Vaters.

Urteil des Bundesgerichtshofs, Az.: XII ZR 109/05

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