BGH: Zwangsmedikation kann nur allerletztes Mittel sein

Verweigert ein Patient Tabletten, dürfen Ärzte nicht daraus folgern, dass er auch Spritzen ablehnt.

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Der BGH gibt Ärzten enge Grenzen bei der Zwangsmedikation vor.

Der BGH gibt Ärzten enge Grenzen bei der Zwangsmedikation vor.

© dpa

KARLSRUHE (mwo). Eine Zwangsmedikation ist ein schwerer Eingriff in die Grundrechte. Wenn ein Patient Tabletten verweigert, sollten Ärzte daher zunächst Alternativen erwägen, etwa Spritzen.

Das fordert der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem jetzt schriftlich veröffentlichten Leitsatzbeschluss. In dem konkreten Fall ging es um einen heute 42-jährigen Patienten, der 1992 an hebephrener Schizophrenie erkrankte und daher seit 1993 unter Betreuung steht.

25 mal war er bereits stationär untergebracht, 2009 beantragte seine Betreuerin erneut seine Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung. Amtsgericht und Landgericht stimmten zu und genehmigten gleich auch die Medikation durch Depotspritzen gegen seinen Willen.

Wie nun der BGH betont, ist eine Zwangsmedikation aber nur dann zulässig, wenn sie "erforderlich und angemessen ist" - sprich: als allerletzter Ausweg. Hier habe der Patient bislang zwar versucht, sich so weit als möglich seinen Tabletten zu verweigern.

Daraus sei aber nicht ohne weiteres zu folgern, dass er auch Spritzen ablehnen würde. Für diesen nur möglichen Fall dürfe die Zwangsmedikation nicht sozusagen auf Vorrat erlaubt werden.

Urteil des BGH, Az.: XII ZB 135/10

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