Anleger stecken nicht weiter in der Kreditfalle

Der Bundesgerichtshof hat erneut den Ausstieg aus einem schlechten, kreditfinanzierten Erwerb von Genossenschaftsanteilen ermöglicht.

Martin WortmannVon Martin Wortmann Veröffentlicht:
Wer Kredite aufnimmt, um Anlagen zu finanzieren, muss sich nicht bedingungslos dem Würgegriff des Finanzunternehmens unterwerfen.

Wer Kredite aufnimmt, um Anlagen zu finanzieren, muss sich nicht bedingungslos dem Würgegriff des Finanzunternehmens unterwerfen.

© LeoBlanchette/fotolia.com

KARLSRUHE. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat Anlegern den Ausstieg aus einem kreditfinanzierten Erwerb von Genossenschaftsanteilen erleichtert. Dient der Anteilserwerb nur der Geldanlage oder Steuerzwecken, kann der Anleger dies im Verbund mit einer Kündigung des Kredits rückgängig machen, heißt es in einem aktuellen Urteil.

Hintergrund des Urteils sind zwei Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Erstens können danach Verbraucher ein Verbraucherdarlehen über 200 Euro innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe eines Grundes widerrufen.

Wird der Verbraucher über dieses Widerrufsrecht erst nach Abschluss des Kreditvertrags informiert, so beträgt die Frist sogar vier Wochen ab Erhalt dieser Widerrufsbelehrung. Als Konsequenz kann nach ständiger BGH-Rechtsprechung ein Widerrufsrecht auch noch nach Jahren bestehen, wenn die Widerrufsbelehrung ganz unterblieben ist.

Zweitens kann ein solcher Widerruf eines Vertrags auch für einen weiteren Vertrag gelten, wenn es sich um sogenannte verbundene Verträge handelt. Dies sind Verträge, die einander bedingen, die der Verbraucher einzeln also gar nicht abgeschlossen hätte.

Im Streitfall hatte der Anleger einen Kredit aufgenommen, um Anteile an einer Wohnungsbaugenossenschaft in Höhe von 5400 Euro zu erwerben. Nach den Versprechen des vermittelnden Finanzunternehmens sollte der Anleger so vom Staat die frühere Eigenheimzulage kassieren können, ohne - was eigentlich Voraussetzung war - selbst in der gekauften Wohnung zu wohnen.

Das Finanzamt zahlte die Eigenheimzulage zunächst aus, bemerkte dann aber den Trick und forderte das Geld zurück. Daher widerrief der Anleger den Kreditvertrag und auch den Kauf der Genossenschaftsanteile.

Nach dem Leitsatzurteil des Bundesgerichtshofs war das zulässig. Denn es gelten die Regeln des "verbundenen Geschäfts". Der Anleger sei daher auch an seinen Beitritt zur Genossenschaft nicht mehr gebunden.

Ohne Erfolg hatte das Finanzunternehmen darauf verwiesen, dass ein verbundenes Geschäft laut Gesetz nur für den Erwerb von Waren oder Dienstleistungen gelten kann. Allerdings hatte der BGH schon mehrfach entschieden, dass der kreditfinanzierte Erwerb von Aktien als Geldanlage vergleichbar wie eine Dienstleistung anzusehen ist.

 Mit seinem neuen Urteil übertrug der BGH dies nun auch auf den Erwerb von Genossenschaftsanteilen.

Im Ergebnis werden in solchen Fällen beide Verträge rückabgewickelt: Im Gegenzug für die gekauften Anlage-Papiere bekommt der Kunde alle für den Kredit gezahlten Zinsen, Tilgungen und Gebühren zurück. Im konkreten Fall ist das Finanzunternehmen inzwischen allerdings insolvent, so dass der Anleger von den bislang gezahlten Geldern nur noch auf einen geringen Anteil hoffen kann.

Az.: II ZR 297/08

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