Zahlen für die Eltern

Unterhalt mit Grenzen

Kinder müssen oft für die Pflegekosten ihrer Eltern aufkommen. Dies gilt aber nicht uneingeschränkt, haben Richter jetzt entschieden.

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Unterhalt am Lebensabend: Nicht immer müssen die Kinder zahlen.

Unterhalt am Lebensabend: Nicht immer müssen die Kinder zahlen.

© Peter Atkins / fotolia.com

OLDENBURG . Erwachsene Kinder müssen nicht für die Heimkosten ihrer Eltern aufkommen, wenn diese jeglichen Kontakt abgebrochen und verweigert hatten.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg entschieden. Nach einem weiteren Urteil vom selben Tag müssen die Kinder ebenfalls nicht einspringen, wenn die Behörden Vorsorgemöglichkeiten leichtfertig verspielt haben.

Wenn alte Menschen pflegebedürftig werden und in ein Heim umziehen, reichen Einkommen und Vermögen oft für die Kosten nicht aus. In solchen Fällen gibt es Unterstützung von der Sozialhilfe, Bei ausreichendem Einkommen müssen sich auch die Kinder beteiligen.

Im ersten Fall war ein knapp 90-Jähriger aus Bremen in ein Heim gezogen. Die Stadt kam zunächst für die Kosten auf, forderte aber nach dem Tod des Mannes rund 9.000 Euro vom Sohn zurück.

Der lehnte dies ab: Nach der Scheidung seiner Eltern habe der Vater den Kontakt zu ihm abgebrochen und jeglichen Kontakt abgelehnt. Unter solchen Umständen müsse der Sohn nicht zahlen, urteilte das OLG.

Denn der Kontakt sei nicht einfach eingeschlafen, sondern der Vater habe seinen Sohn schwer gekränkt und verletzt. Damit habe er sich "erkennbar aus dem Solidarverhältnis gelöst, das zwischen Eltern und Kindern besteht".

Kein Unterhalt bei grober Vernachlässigung

Im zweiten Fall lebte die psychisch kranke Mutter in einem Pflegeheim. Sie hätte dort Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung gehabt, doch weder die Betreuerin noch das Sozialamt hatten dies beantragt und auch nicht dafür gesorgt, dass die Frau weiterhin pflegeversichert bleibt.

Stattdessen ließ die Stadt eine private Rentenversicherung kapitalisieren und sich das Geld auszahlen. Als dies verbraucht war, sollten die Kinder ran. So habe die Stadt 1023 Euro Pflegeleistungen und 160 Euro Privatrente selbst verspielt, rechnete das OLG vor.

Mehrfach hatte sich auch schon der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hinter die Kinder pflegebedürftiger Eltern gestellt. Nach einem Grundsatzurteil vom 24. Oktober 2002 (Az.: XII ZR 266/99) müssen die Kinder weder dauerhafte erhebliche Einbußen in ihrem Lebensstandard noch eine Gefährdung ihrer eigenen Altersvorsorge hinnehmen.

Dies hatte am 7. Juni 2005 auch das Bundesverfassungsgericht bestätigt (Az.: 1 BvR 1508/96). Nach weiteren BGH-Urteilen müssen die Kinder keinen sogenannten Elternunterhalt zahlen, wenn sie von ihren Eltern grob vernachlässigt wurden (Urteil vom 19. Mai 2004, Az.: XII ZR 304/02).

Allerdings entbindet ein schwacher Kontakt die Kinder noch nicht von der Unterstützung, wenn dies auf eine psychische Erkrankung der Eltern zurückgeht (Urteil vom 15. September 2010, Az.: XII ZR 148/09). (mwo)

Az.: 14 UF 80/12 (Kontakt), 14 UF 82/12 (Behörde)

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