Heimliche Intimfotos

Angeklagter Frauenarzt gesteht dunkle Seite

Zehntausende Intimfotos und zahlreiche -videos soll ein Frauenarzt aus der Pfalz von über 1500 Patientinnen heimlich gemacht haben. Nun steht er vor Gericht. Zum Prozessauftakt überrascht der Angeklagte - er bittet um Verzeihung.

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FRANKENTHAL. Mit der Bitte um Verzeihung, die vor allem an seine Patientinnen gerichtet war, hat der 58-jährige Gynäkologe Dr. Joachim K. aus Speyer am ersten Prozesstag vor der 6. Großen Strafkammer des Landgerichts Frankenthal sein Schweigen zu den ihm vorgeworfenen Straftaten gebrochen.

Der Arzt soll seine Patientinnen, die teilweise unbekleidet waren, während der Untersuchung und in der Umkleidekabine mit Kameras heimlich fotografiert und Videosequenzen vom Vaginalbereich angefertigt haben.

Zahlreiche seiner früheren Patientinnen waren zu dem spektakulären Prozess gekommen.

Arzt steht zu seiner Schuld

Er stehe heute nach intensiver psychotherapeutischer Behandlung zu seiner Schuld und habe erkannt, dass er neben einer guten auch eine dunkle Seite habe, sagte der Angeklagte.

Er wolle die Opfer so weit wie möglich finanziell entschädigen, kündigte der Gynäkologe an. Seinen Arztberuf wolle er nicht mehr ausüben und schäme sich dafür, der Würde des Arztberufs Schaden zugefügt zu haben.

Vorausgegangen war der persönlichen Erklärung eine lange, bedrückende Aufzählung aller einzelnen Straftaten des Gynäkologen, die ihm die Staatsanwältin Anne Brand für den Zeitraum zwischen Mai 2008 und August 2011 vorhielt.

Diese beinhaltete nicht einmal sämtliche angezeigte Einzeltaten, da angesichts des enormen Umfangs vom Gericht eine Vorauswahl getroffen worden war.

Von 1471 Patientinnen, so die Staatsanwältin, habe er in Untersuchungssituationen oder der Umkleidekabine systematisch und heimlich mehrere Fotos und teilweise Videosequenzen angefertigt.

Der Großteil davon habe den Vaginalbereich der Patientinnen betroffen, außerdem seien zahlreiche Ganzkörperaufnahmen bzw. Bilder mit unbekleidetem Oberkörper von den Frauen gemacht worden.

Das Einführen der Vaginalsonde und Manipulationen mit derselben im Vaginalbereich habe der Gynäkologe mit Videosequenzen festgehalten. Damit habe er "den höchstpersönlichen Lebensraum durch Bildaufnahmen verletzt", so die Anklage.

MFA informierten die Polizei

In weiteren zehn Fällen wird dem Gynäkologen sexueller Missbrauch von Patientinnen, die ihm zur körperlichen Behandlung und Beratung anvertraut waren, vorgeworfen.

Er habe Handlungen an ihnen vorgenommen, die scheinbar der medizinischen Untersuchung dienten, aber tatsächlich seiner sexuellen Erregung gedient hätten.

Außerdem muss sich der 58-Jährige, der sich während der Anklageverlesung säuberliche Notizen machte, wegen unerlaubten Waffenbesitzes verantworten.

Als erste Zeugin wurde eine der zwei Arzthelferinnen gehört, die Verdacht geschöpft hatten und im September 2011 die Polizei informierten. Man habe sich über das veränderte Verhalten des Chefs gewundert und schließlich die Digitalkamera mit den Aufnahmen in einem Fach am Gynäkologischen Stuhl gefunden.

Elf Frauen haben sich dem Verfahren als Nebenklägerinnen angeschlossen. Neben den 12 Zeuginnen werden auch ein medizinischer und ein psychiatrischer Sachverständiger gehört. Sechs Verhandlungstage sind angesetzt. (bd)

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