PIP-Brustimplantate

Richter billigen Eigenanteil bei Herausnahme

Sozialgericht Berlin hält Selbstbeteiligung von zwei Prozent des Jahreseinkommens für rechtens.

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BERLIN. Die gesetzlichen Krankenkassen müssen die Herausnahme minderwertiger Brustimplantate des französischen Herstellers PIP weitgehend bezahlen.

Allerdings muss sich die Patientin an den Kosten beteiligen, wenn die Implantate allein aus ästhetischen Gründen eingesetzt wurden, wie das Sozialgericht (SG) Berlin entschied. Die Kosten für neue Implantate muss die Patientin allein bezahlen.

Der Hersteller Poly Implant Prothèse (PIP) hatte für seine Produkte billigeres Industriesilikon verwendet als andere Hersteller.Nachdem sich Berichte über geplatzte und undichte Silikonkissen häuften, stoppten die französischen Behörden im April 2010 den Vertrieb der PIP-Implantate.Ein Strafgericht in Marseille hat PIP-Gründer Jean Claude Mas zu vier Jahren Haft verurteilt.

Als 19-Jährige Bust-Op

Da sich nicht vorhersagen lässt, ob und wann es Probleme mit den Implantaten gibt, hatte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte Anfang 2012 betroffenen Frauen empfohlen, PIP-Implantate entfernen zu lassen.

Die Berliner Klägerin hatte sich 2004 als 19-Jährige PIP-Implantate einsetzen lassen. 2012 ließ sie diese entfernen und durch Silikongel-Implantate ersetzen.

Bei der Operation in einer Klinik in Berlin stellte sich heraus, dass ihre Implantate zwar noch intakt waren; durch sogenanntes Ausschwitzen hatten sie aber bereits deutlich an Silikon verloren.

Die Barmer GEK kam weitgehend für die 4100 Euro teure Herausnahme der Implantate auf. Allerdings verlangte sie eine Selbstbeteiligung in Höhe von zwei Prozent des Jahreseinkommens - hier nur 280 Euro.

Dies entspricht der jährlichen Höchstbelastung in der GKV für die Selbstbeteiligung bei Arzneimitteln. Die nochmals 4100 Euro teuren Ersatzimplantate bezahlte die Kasse nicht. Das SG Berlin hat dieses Vorgehen bestätigt.

"Sachgerecht", dass Patienten mitzahlt

Die Herausnahme der PIP-Implantate sei "medizinisch notwendig" gewesen; daher müssten die Krankenkassen grundsätzlich dafür aufkommen. Allerdings sei der Eingriff nur wegen einer rein kosmetischen Behandlung notwendig geworden.

Daher sei es "sachgerecht", die Patientin an den Kosten zu beteiligen. Die Versichertengemeinschaft müsse solche Risiken nicht alleine tragen.Das Einsetzen neuer Implantate sei nicht medizinisch notwendig gewesen.

Die Kasse müsse dafür daher nicht bezahlen. Der Vortrag der Patientin, sie habe wegen ihrer kleinen Brüste psychisch gelitten, ändere daran nichts. Psychische Erkrankungen seien mit den Mitteln der Psychotherapie zu behandeln, betonten die Berliner Richter.

Laut Gesetz haben gesetzlich Versicherte Anspruch auf "notwendige" Behandlungen. Die Krankenkasse kann Patienten aber "in angemessener Höhe" an den Kosten beteiligen, wenn die Krankheit auf "eine medizinisch nicht indizierte ästhetische Operation, eine Tätowierung oder ein Piercing" zurückgeht. (mwo)

Az.: S 182 KR 1747/12

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