Für Selbstzahlerleistungen

BGH billigt Kooperation mit Gutschein-Portal im Internet

Provisionen sind keine unzulässigen Zuweiservergütungen, erklärt der Bundesgerichtshof - und macht damit den Weg für Ärzte frei, die mit Internet-Gutschein-Portalen arbeiten wollen, um ihre Selbstzahlerleistungen anzubieten.

Martin WortmannVon Martin Wortmann Veröffentlicht:

KARLSRUHE. Ärzte und Zahnärzte dürfen für Selbstzahlerleistungen mit einem Internet-Gutschein-Portal kooperieren. Hierfür an den Portalbetreiber gezahlte Provisionen sind nicht automatisch als unzulässige Zuweiservergütung anzusehen, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in einem aktuell veröffentlichten Urteil entschied.

Im Streitfall hatten Zahnärzte mit dem Gutschein-Portal Groupon (www.groupon.de) zusammengearbeitet. Auf dem Portal werden Gutscheine für Waren und Dienstleistungen zu ermäßigten Preisen verkauft. Die Gutscheine können dann beim Hersteller beziehungsweise Dienstleister eingelöst werden. Die Groupon GmbH in Berlin erhält hierfür ein im jeweiligen "Kooperationsvertrag" vereinbartes Honorar.

So bot Groupon unter anderem Gutscheine für professionelle Zahnreinigungen, Bleachings, kieferorthopädische Zahnkorrekturen, Implantatversorgungen, prothetische Versorgungen und Zahnfüllungen an. Nach den Kooperationsverträgen gaben die Zahnärzte die Hälfte ihres Angebotspreises als "Erfolgsprämie für die Kundengewinnung" an den Plattformbetreiber ab.

Verstoß gegen Berufsordnung?

Die Zahnärztekammer Nordrhein sah darin einen Verstoß gegen die Berufsordnung. Die "Erfolgsprämie" sei letztlich eine Provision für die Vermittlung von Patienten. Dies sei mit dem Gebot der Unabhängigkeit der Zahnärzte unvereinbar. Mit ihrer Klage wollte die Zahnärztekammer der Groupon GmbH solche Kooperationen mit Zahnärzten untersagen lassen.

Vor dem Kammergericht Berlin hatte die Zahnärztekammer damit noch erfolg. Der BGH hob dieses Urteil nun jedoch auf und wies die Klage ab. Danach ist die Provision an das Internetportal für die Vermittlung von Patienten kein nach der Berufsordnung unzulässiges "Entgelt für die Zuweisung von Patienten".

Zwar sei dieses Entgeltverbot eine "Marktverhaltensregelung". Die Zahnärztekammer könne sich daher auch wettbewerbsrechtlich darauf berufen. Die Regelung solle verhindern, dass Zuweisungen die Unabhängigkeit der Zahnärzte in einer Weise beeinträchtigen, dass sie sich nicht mehr an medizinischen Kriterien orientieren.

Danach dürften Ärzte und Zahnärzte zwar keine Gegenleistung für die Zuweisung von Patienten versprechen. "Zulässig ist dagegen die Vereinbarung einer Vergütung als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen einer Internetplattform zum Anbieten freiberuflicher Leistungen", heißt es in dem Karlsruher Urteil.

Entscheidend sei daher, ob eine Gefahr bestehe, dass sich Zahnärzte bei der Behandlung eines Gutscheininhabers nicht am Patientenwohl orientieren. Das Kammergericht Berlin hatte diese Gefahr deshalb bejaht, weil es sein kann, dass die Behandlung, für die ein Gutschein erworben wurde, medizinisch nicht indiziert ist.

Haftung nur bei Fehlbehandlung

Wenn der Zahnarzt dann die Behandlung ablehnt, müsse er nach Überzeugung des BGH die Gutscheinkosten aber nicht erstatten. Die Haftung nach den Groupon-Geschäftsbedingungen umfasse nur Fehlbehandlungen. Die von der Zahnärztekammer gesehene Gefahr, dass der Zahnarzt die Behandlung in solchen Fällen nicht nach medizinischen, sondern nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten ausrichtet, bestehe daher nicht.

Letztlich habe die Kooperation der Zahnärzte mit Groupon gegen Provision keinen anderen Einfluss auf die Behandlung, als würde das Unternehmen seine Internetplattform kostenlos zur Verfügung stellen, heißt es abschließend in dem Karlsruher Urteil. Wettbewerbswidrig sei die Provision daher nicht, und auch als Verstoß gegen das Berufsrecht sei sie nicht zu werten.

Bundesgerichtshof Az.: I ZR 183/13

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