BSG

Mehr Spielraum für Ärzte

Das Bundessozialgericht will Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht auf Richt- oder Durchschnittsgrößen beschränkt sehen. Damit haben auch regionale Prüfvereinbarungen auf Basis definierter Tagesdosen jetzt höchstrichterlichen Segen.

Martin WortmannVon Martin Wortmann Veröffentlicht:
Das Bundessozialgericht hat sich die Wirtschaftlichkeitsprüfung eines Arztes genau angeschaut.

Das Bundessozialgericht hat sich die Wirtschaftlichkeitsprüfung eines Arztes genau angeschaut.

© dem10 / iStock.com

KASSEL. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung muss sich nicht allein an den Richtgrößen orientieren. KVen und Krankenkassen dürfen bei ihren Prüfvereinbarungen auch innovative Wege gehen und andere Prüfkriterien entwickeln, urteilte der Vertragsarztsenat des Bundessozialgerichts in seiner jüngsten Sitzung.

Demnach muss Ärzten aber auf jeden Fall immer ein gewisser eigener Entscheidungsspielraum bleiben.

Zielfeldprüfung im Visier

Hier klagte ein Arzt in Hamburg gegen einen Regress für das Verordnungsjahr 2005. Grundlage des Regresses war eine sogenannte Zielfeldprüfung. Mit der Maßeinheit "defined daily dose" (DDD) stellt diese auf die Arzneimittelkosten je Tagesdosis ab.

Das Landessozialgericht Hamburg befand dies für unrechtmäßig. Die gesetzliche Ermächtigung, wonach die Vertragspartner verschiedene "arztbezogene Prüfungsarten" vereinbaren können, gebe nur einen Spielraum für die Prüfung nach Richt- und Durchschnittsgrößen.

Dem hat das BSG nun deutlich widersprochen. Die Ermächtigung umfasse auch andere Prüfkriterien, die an die gesetzlichen Wirtschaftlichkeitskriterien und die danach ausgerichteten Zielvereinbarungen anknüpfen. Auch die Hamburger Zielwertprüfung sei davon im Grundsatz umfasst.

Allerdings müsse es den Ärzten auch möglich sein, solche Zielwerte einzuhalten. "Dazu gehört ein gewisser Entscheidungsspielraum des Arztes, der die Möglichkeit haben muss, zum Beispiel auf Schwierigkeiten von Patienten im Umgang mit einer Darreichungsform oder bei der Umstellung auf ein anderes Medikament zu reagieren", betonten die Richter.

Ein Wert, der nur erreichbar ist, wenn Ärzte immer das preiswerteste Medikament verordnen, sei daher nicht zulässig.

LSG muss prüfen

Ob 2005 die Werte der Hamburger Zielfeldprüfung entsprechend bemessen waren, soll nun das LSG noch prüfen. Heute ist die Zielfeldprüfung in Hamburg nicht mehr umstritten, weil sie eine weitere gesetzliche Grundlage bekommen hat. Diese ist allerdings nur auf bestimmte Arznei-Verordnungen anwendbar.

Demgegenüber bestätigt das BSG-Urteil nun eine rechtliche Grundlage für neue Prüfmethoden bei allen ärztlichen Verordnungen.

Bundessozialgericht

Az.: B 6 KA 43/15 R

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