EuGH-Urteil

Eine Chance für das Versorgungsmanagement?

Der Bundesverband Managed Care sieht in der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine Chance für Apotheker.

Ruth NeyVon Ruth Ney Veröffentlicht:

BERLIN. Mit seiner jüngsten Rechtsprechung zum Apothekenmarkt hat der Europäische Gerichtshof ausländischen Versandapotheken de facto die Erlaubnis erteilt, ihren deutchen Kunden Rezeptboni zu gewähren. In der Apothekerschaft sorgt das Urteil mehrheitlich für Unruhe und Empörung.

Dagegen macht der Bundesverband Managed Care (BMC) jetzt geltend, das Urteil sei nicht nur eine "Entscheidung im Sinne der Patienten" sondern berge "auch erhebliche Chancen für Apotheker", wie es in einer Stellungnahme heißt. Für Apotheken könnte das Urteil Anlass sein, "ihr Berufsbild weiterzuentwickeln und stärker in der Versorgungskette der Patienten mitzuwirken".

"Neue Parameter für Wettbewerb"

Die Entscheidung des EuGH setze durch eine Liberalisierung der Preisgestaltung "neue Parameter für den Wettbewerb im Apothekenmarkt". Daraus lasse sich "enormes Entwicklungspotenzial für das Berufsbild des Apothekers" ableiten, so Ralf Sjuts, stellvertretender BMC-Vorstandsvorsitzender.

Denn niedergelassene Apotheker sollten sich von einem Versandhändler nicht einzig und allein über die Preisgestaltung abgrenzen. "Hier ist vor allem die Politik gefordert, die Rahmenbedingungen für ein Tätigkeitsfeld zu schaffen, das sich von dem in den letzten Jahrzehnten verfestigtem Bild des Apothekers als schlichtem Arzneimittelverkäufer abhebt", fordert Sjuts.

Zugleich plädiert der Verband aber auch für weitere einschneidende Strukturveränderungen im Apothekenmarkt. In einem Atemzug werden die Aufhebung des Mehrbesitzverbotes, die Implementierung des Medikationsmanagements und die Einbeziehung von Apotheken in die Integrierte Versorgung als notwendige Maßnahmen genannt.

Nach Auffassung von BMC-Geschäftsführerin Dr. Susanne Ozegowski wäre "dann der Weg frei für eine Einbeziehung des Apothekers in das Versorgungsmanagement, womit auch eine Aufwertung des Apothekerberufes insgesamt verbunden ist".

Dies sei etwa sinnvoll bei der Versorgung multimorbider Patienten. Zugleich würde die Einbeziehung von Apotheken als Leistungserbringer in die Verträge der Besonderen Versorgung nach § 140a SGB V attraktiver werden.

Das sei nicht nur für die Krankenkassen interessant, sondern könne sich auch für teilnehmende Apotheken finanziell lohnen. BMC-Vize Sjuts: "Die Abkehr von der alleinigen Ausrichtung auf den Arzneimittelverkauf hin zur Übernahme einer aktiven Rolle als Bestandteil eines Versorgungsteams – das sollte das neue Apothekerbild sein".

Brauchen Nachwuchsapotheker bessere Arbeitsbedingungen?

Für die von vielen Apothekern geäußerte Befürchtung, das EuGH-Urteil könnte einen Preiswettbewerb im Rezeptgeschäft lostreten und damit ein Apothekensterben insbesondere auf dem Land befördern, sieht man beim BMC keinen Grund.

Für den Rückgang der Apothekendichte in ländlichen Regionen sei der Mangel an Nachfolge-Kandidaten verantwortlich. Das lasse sich mit attraktiveren Arbeitskonditionen für junge Pharmazeuten beheben.

Dazu gehöre auch die Aufhebung des Mehrbesitzverbotes, erweiterte Möglichkeiten für eine Tätigkeit in Anstellung sowie in Einzelfällen die Gewährung von Sicherstellungszuschlägen.

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