Korruptionsverdacht

Gehäuft aut idem angekreuzt wirkt verdächtig

Eine onkologische Gemeinschaftspraxis ist ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten: Zwei Ärzte sollen auffällig oft das Aut-idem-Kreuz zugunsten eines Herstellers gesetzt haben.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
Indiz für unlautere Bevorzugung? Der Staatsanwaltschaft Osnabrück reicht die gehäufte Aktivierung des Aut-idem-Kreuzes insbesondere bei hochpreisigen Onkologika für einen Anfangsverdacht aus.

Indiz für unlautere Bevorzugung? Der Staatsanwaltschaft Osnabrück reicht die gehäufte Aktivierung des Aut-idem-Kreuzes insbesondere bei hochpreisigen Onkologika für einen Anfangsverdacht aus.

© Schilddrüsen-Initiative Papillon

OSNABRÜCK. Die Staatsanwaltschaft Osnabrück hat Anfang vergangener Woche die Räume einer onkologischen Gemeinschaftspraxis in Niedersachsen durchsucht. Die Praxis unterhält mehrere Standorte und zwar in Leer, Papenburg und Emden.

Den Angaben zufolge wurden Praxisräume und auch Privaträume durchsucht und Material beschlagnahmt. Nähere Angaben zur Art der beschlagnahmten Unterlagen wollte die Staatsanwaltschaft Osnabrück allerdings nicht machen.

Staatsanwalt Christian Bagung, Sprecher der Staatsanwaltschaft Osnabrück bestätigte der "Ärzte Zeitung", dass ein Anfangsverdacht gegen die Ärzte auf Bestechlichkeit im Gesundheitswesen entsprechend Paragraf § 299a Strafgesetzbuch bestehe. Möglicherweise sei ein Pharmaunternehmen bei der Verordnung von Medikamenten in unlauterer Wiese bevorzugt worden, so Bagung.

Hinweisgeber bleibt ungenannt

Laut Staatsanwaltschaft werden zwei Ärzte beschuldigt. Sie sollen außergewöhnlich oft das "Aut-idem"-Kreuz auf ihren Rezepten gesetzt haben, um die Substitution in der Apotheke auszuschließen. "Der Verdacht liegt darin begründet, dass es zu einer Häufung im Gebrauch der Aut-idem-Regel bei diversen Rezepten in dieser Praxis kam", erläuterte Bagung.

Das, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft, könne den Verdacht nähren, "dass die Verschreibungen nicht medizinisch indiziert waren, sondern es vielleicht eine Vereinbarung gegeben hat zwischen dem Hersteller und dem verschreibenden Arzt über den expliziten Wirkstoff, der verwendet werden sollte."

Nach Angaben Bagungs wurden auf diese Weise die Präparate eines bestimmten Herstellers auffällig oft verschrieben. Wie hoch die mögliche Schadenssumme ist, sei Gegenstand der laufenden Ermittlungen.

Wie die Staatsanwaltschaft auf die ostfriesische Gemeinschaftspraxis aufmerksam wurde oder gemacht wurde, wollte Bagung nicht kommentieren. "Es wurde seit Mitte 2017 durch unsere Zentralstelle zur Bekämpfung der Korruption ermittelt", erklärt er. Den einschlägigen Paragrafen gegen Korruption unter selbständigen Heilberuflern gibt es im Strafrecht erst seit Mitte vorigen Jahres.

"Daher beziehen sich die Ermittlungen auch auf den Zeitraum seit Juni 2016. Die mögliche Vorgehensweise und Angaben zu einer eventuellen Anklage wären rein spekulativ und können daher derzeit nicht gemacht werden."

Material sichten

Im Falle einer Verurteilung sieht der Gesetzgeber für diese Taten "einen Strafrahmen vor, der sich zwischen Geldstrafe und drei Jahren Freiheitsstrafe bewegt". Nach dem neuen Recht gibt es bislang noch kein Präzedenzurteil.

Die Staatsanwaltschaft Osnabrück hat es damit auch nicht eilig. Bagung: "Es wurde diverses potenzielles Beweismaterial sichergestellt", dies müsse nun erst einmal gesichtet werden.

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