Recht

Arzt kann sich nicht auf Fehler anderer stützen

Nur Ausdrucken und abheften – das geht bei externen Laborbefunden nicht. Ärzte müssen sie immer auswerten, ansonsten stehen sie im Haftungsrisiko.

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KOBLENZ. Einen groben Organisationsfehler warf das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz einem Hausarzt vor, der deshalb zur Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 30.000 Euro verurteilt wurde. Er hatte die Laborwerte einer Patientin weder angeschaut noch diese mit der Frau besprochen, bevor ihr die Unterlagen ausgehändigt wurden.

Dabei gaben die Labordaten allen Anlass, Alarm zu schlagen: Denn die Werte zeigten eine Anämie und eine Leukopenie und das Differenzialblutbild eine Anisozytose, auffällige Riesenthrombozyten und drei Blasten sowie eine Poikilozytose.

Erst als die Patientin sechs Monate später aufgrund von Beschwerden ins Krankenhaus ging, wurde eine akute Leukämie diagnostiziert. Wenige Tage später kam es zu einem Hirninfarkt, die Frau starb. Ihre Eltern verklagten den Hausarzt erfolgreich auf Schmerzensgeld.

Ärzte müssen in ihrer Praxis sicherstellen, dass Laborbefunde (sowie im konkreten Fall die erhobene Blutsenkungsgeschwindigkeit) zur Kenntnis genommen und ausgewertet werden, urteilte das OLG. Das gelte auch dann, wenn der Patient zwischenzeitlich nicht in der Praxis erscheine.

Der verklagte Arzt konnte sich vor Gericht nicht mit dem Argument retten, dass die Laborbefunde für eine anstehende Kieferoperation benötigt wurden und deshalb der Kieferchirurg sowie der dortige Anästhesist die Laborwerte hätten auswerten müssen (was diese tatsächlich ebenfalls nicht taten).

Die Verantwortlichkeit des Hausarztes entfalle nicht dadurch, dass sich die Patientin in die Hände eines weiteren Arztes begibt, der die Behandlung vollständig übernimmt. Auch entlaste es den Hausarzt nicht, dass auch dem anderen Arzt eigene Behandlungsfehler unterlaufen, so das Gericht. (juk)

Oberlandesgericht Koblenz Az.: 5 U 427/17

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