Schadenersatz-Prozesse

Glyphosat – Bayers Dauerbaustelle

Bayer erleidet im juristischen Streit um Glyphosat in den USA erneut einen Rückschlag. Der Konzern will Rechtsmittel einlegen.

Von Michael Schilling und Michael Donhauser Veröffentlicht:
Der Hauptsitz der Bayer AG ist in Leverkusen.

Der Hauptsitz der Bayer AG ist in Leverkusen.

© Daniel Kalker / dpa

OAKLAND. Der Pharmakonzern Bayer hat vor einem US-Gericht auch den dritten wichtigen Prozess um womöglich kanzerogene Produkte seiner Tochter Monsanto in erster Instanz verloren.

Die Jury des zuständigen Gerichts im kalifornischen Oakland verurteilte das Unternehmen am Montag zu Schadenersatz in Höhe von insgesamt über zwei Milliarden Dollar (1,78 Milliarden Euro) an die beiden Kläger.

Ein Rentnerehepaar macht geltend, wegen des von Monsanto erzeugten Wirkstoffs Glyphosat zur Unkrautvernichtung an Krebs erkrankt zu sein. Bayer indessen macht umfangreiche Vorerkrankungen für die Erkrankungen der beiden Kläger verantwortlich und kündigte umgehend an, Rechtsmittel einzulegen.

Enttäuschung über Urteil

Man sei von der Entscheidung enttäuscht, erklärte das Unternehmen in einer Stellungnahme. Das Urteil der Jury stehe im Widerspruch zur Einschätzung der US-Umweltbehörde EPA, die erst im vergangenen Monat im Rahmen der vorläufigen Zulassungsüberprüfung veröffentlicht worden sei.

„Die EPA geht weiter davon aus, dass keine Risiken für die öffentliche Gesundheit bestehen, wenn Glyphosat entsprechend den derzeit geltenden Anweisungen verwendet wird“, teilte die Behörde damals mit. Die Kläger im jetzigen Fall hätten dagegen nur Teile von Studien angeführt, die so nicht ausreichend belastbar seien.

Während des Ende März begonnenen Prozesses hatte die Anklage immer wieder versucht, die Geschworenen nicht nur davon zu überzeugen, dass Monsantos Produkte Krebs verursachen können, sondern auch, dass etwa mit manipulierten Studien Risiken verschleiert worden seien.

Bayer dagegen vertritt die Auffassung, dass auf dem Wirkstoff Glyphosat basierende Produkte – darunter das Unkrautvernichtungsmittel Roundup – seit mehr als 40 Jahren erfolgreich in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Regulierungsbehörden in aller Welt hätten diese Herbizide bei sachgemäßer Anwendung als sicher eingestuft.

Bayer setzt auf die nächsten Instanzen

Nach Bayers Einschätzung hat das Geschworenen-Urteil aus Oakland keinen Einfluss auf weitere Verfahren. Es werde einige Zeit dauern, bis der gesamte Verfahrenskomplex abgeschlossen sei, hieß es.

Bislang habe noch kein Fall die Berufung durchlaufen, bei der wichtige rechtlich relevante Entscheidungen der Verfahren bewertet würden.

Mit Blick auf den Fortgang der Prozesse setzt Bayer-Chef Werner Baumann auf die nächsten Instanzen und dort zuständige Berufsrichter, nachdem die Geschworenen in den ersten Runden aus der normalen Bevölkerung kamen.

Von Berufsrichtern erhofft sich Bayer größeres Augenmerk für die immer wieder zitierten Studien zur Sicherheit von Glyphosat und sachlichere Urteile.

Die Berufungsverfahren können sich lange hinziehen – im laufenden Jahr wird voraussichtlich keine Entscheidung mehr fallen. Für Bayer ist es bereits der dritte Schuldspruch innerhalb weniger Monate.

Zuletzt war der Konzern in den USA nach eigenen Angaben mit rund 13.400 Klagen wegen des Unkrautvernichters Roundup konfrontiert. Bayer hatte bereits in den ersten beiden Fällen Berufung eingelegt.

Vorermittlungen in Frankreich

Bayer hat indes noch eine weitere Baustelle. Gegen Monsanto laufen, wie berichtet, in Frankreich derzeit Vorermittlungen wegen illegaler Erfassung privater Daten von Glyphosat-Gegnern in den Reihen unter anderem von Politikern und Journalisten.

Bayer werde die Ermittlungen der französischen Staatsanwaltschaft vollumfänglich unterstützen, gab der Konzern dazu bekannt. Monsanto hat womöglich auch in Deutschland umstrittene Listen mit Kritikern und Unterstützern erstellen lassen, räumte Bayer inzwischen ein. (dpa)

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