Behandlungsfehler

Orthopäden und Unfallchirurgen am häufigsten am Pranger

Es bleibt dabei: Jeder dritte Verdacht eines Behandlungsfehlers bestätigt sich. In der Fehlerstatistik spielen laut MDK die Hausärzte weiterhin kaum eine Rolle - dafür gibt es bei den Zahnärzten eine überraschende Entwicklung.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Hoch das Schild - doch nicht immer ist ein Ärztefehler auch wirklich angezeigt.

Hoch das Schild - doch nicht immer ist ein Ärztefehler auch wirklich angezeigt.

© imagebroker / bergsteiger / imago

BERLIN. Die Quote bestätigter Behandlungsfehler in Arzt- und Zahnarztpraxen, Kliniken sowie stationären und ambulanten Pflegediensten liegt unverändert bei über 30 Prozent der untersuchten Vorwürfe. Dies geht aus der Jahresstatistik 2012 des Medizinischen Diensts der Krankenkassen (MDK) hervor.

Das Patientenrechtegesetz, seit März 2013 in Kraft, könnte den Gutachtern der Dienste Mehrarbeit bescheren. "Wir rechnen mit einem Anstieg der Fallzahlen", sagte Professor Astrid Zobel vom MDK Bayern bei der Vorstellung des Berichts am Mittwoch in Berlin.

Von 12.483 im Jahr 2012 bei den Kassen beantragten Gutachten kamen 3932 (31,5 Prozent) zum Ergebnis, dass ein Behandlungsfehler vorliegt.

Die Medizinischen Dienste beackern dieses Feld nicht alleine. Eine unbekannte Zahl von Verdachtsfällen auf Behandlungsfehler wird ohne Umweg über ein Gutachten des MDK direkt von Haftpflichtversicherern reguliert oder vor Gericht verhandelt.

Ausreißer bei den Zahnärzten

Die Bundesärztekammer hat angekündigt, die bei ihr geführte Statistik im Juni vorzulegen. Der Trend sei sowohl bei der Zahl der Anträge als auch bei der Quote vergleichbar mit den MDK-Zahlen, sagte ein BÄK-Sprecher am Mittwoch der "Ärzte Zeitung".

In Ärztekreisen ist von 11.000 Verfahren bei den Schlichtungsstellen der Ärztekammern die Rede. Die BÄK-Statistik enthält allerdings keine Angaben zu Zahnärzten und aus dem Pflegebereich.

Mehr als ein Viertel (3572) aller von den MDK bearbeiteten Vorwürfe kamen von in der Orthopädie und Unfallchirurgie versorgten Patienten. Anlässe waren meist Hüft- und Kniegelensverschleiß sowie Unterarm- und Beinbrüche.

Ausreißer bei den Bestätigungsquoten sind die Zahnmedizin mit 45,5 Prozent der 1179 untersuchten Fälle und die Pflege mit 58,9 Prozent der untersuchten 636 Fälle. Die in der Pflege untersuchten Fälle seien nicht von Ärzten, sondern von den Pflegenden ausgelöst, erklärten die Vertreter der MDK.

Insgesamt fallen die Quoten in der ambulanten Medizin etwas höher aus als die in den Kliniken (siehe Grafik). "Dies sei kein Qualitätsurteil," stellte Zobel dazu fest. Grund seien die in der Regel längeren Behandlungsdauern in den Praxen niedergelassener Ärzte.

200 Verdachtsfälle bei Hausärzten

Die Allgemeinmedizin spielt in der Fehlerstatistik kaum eine Rolle. 200 Patienten vermuteten nach dem Besuch ihres Hausarztes einen Behandlungsfehler. In gerade 73 Fällen (36,9 Prozent) stellte der MDK einen solchen fest. Anders bei den die Statistik der Vertragsärzte anführenden Zahnärzten.

Sie kamen auf mehr als 1000 Gutachten, fast ein Viertel aller bei den Vertragsärzten begutachteten Fälle. Knapp die Hälfte der Antragsteller bekam vom MDK Recht.

Auf zehn Prozent halbiert hat sich die Quote der auf die Dokumentation zurückzuführenden Fehler. Bürokratie bleibe aber eine Fehlerquelle, sagte Zobel. Fast ein Viertel aller Fehler entstünden im Therapiemanagement.

Eine Erweiterung der gesetzlichen Rechte von Patienten hat Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenrechte gefordert. In Fällen, in denen das MDK-Gutachten den Patienten Recht gebe, solle die Beweislast umgekehrt werden.

Um einen Überblick über alle Behandlungsfehler zu erhalten, fordert die Deutsche Stiftung Patientenschutz zudem ein nationales Behandlungsfehlerregister.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Der blinde Fleck muss weg

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