Abrechnung

BSG entschärft Plausi-Prüfung für Psychotherapeuten

Ohne eine Plausibilitätsprüfung fürchten zu müssen, dürfen Psychotherapeuten an einzelnen Tagen zwölf Sitzungen abrechnen, so das Bundessozialgericht.

Martin WortmannVon Martin Wortmann Veröffentlicht:
Maximal 60 Minuten pro Sitzung dürfen ins Tagesprofil fließen.

Maximal 60 Minuten pro Sitzung dürfen ins Tagesprofil fließen.

© Racle Fotodesign / stock.adobe.com

KASSEL. Psychotherapeuten können – jedenfalls an einzelnen Tagen – zwölf Sitzungen abrechnen, ohne dass dies bei einer Plausibilitätsprüfung zu einer Honorarkürzung führt. Denn bei der Prüfung dürfen im Tagesprofil statt bislang 70 nur noch 60 Minuten je Sitzung angerechnet werden, urteilte der Vertragsarztsenat des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel in seiner jüngsten Sitzung (wir berichteten kurz). Danach bleibt es im Quartalsprofil aber bei den 70 Minuten.

Hintergrund des Streits ist die Besonderheit der Psychotherapeuten, dass bei ihnen als einziger Arztgruppe für die Plausi-Prüfung eine höhere Zeit angesetzt wird als die dem Honorar zugrunde gelegte „Kalkulationszeit“.Schon während der Verhandlung machten die Kasseler Richter deutlich, dass sie jedenfalls diesen Streit nicht zum Anlass nehmen wollen, die Plausi-Prüfungen generell infrage zu stellen.

Ausgangspunkt bei den Therapeuten ist die feste Leistungs-Zeit von 50 Minuten für eine Therapiesitzung beziehungsweise 55 Minuten für eine Anamnese. Der Honorarkalkulation liegen 60 Minuten zugrunde.

Keine Nebentätigkeit möglich

Die „Prüfzeit“, die bei den meisten Arztgruppen eher unter den Kalkulationszeiten liegt, liegt bei den Therapeuten mit 70 Minuten nochmals zehn Minuten höher. Dies wird mit einem geringeren sogenannten Produktivitätsfaktor begründet, weil Therapeuten während einer Sitzung keine Nebentätigkeiten erbringen können – im Gegensatz zu anderen Ärzten, die zwischendrin etwa mal eben eine Verordnung unterzeichnen.

Dabei wird dies bei der Vergütung durch einen höheren Satz pro Minute ausgeglichen (112 Cent gegenüber 86 Cent bei anderen Ärzten). In der Plausi-Prüfung sollen die zusätzlichen zehn Minuten weitere Tätigkeiten abdecken, etwa eine Supervision oder anderweitige Reflexion.

Nichts im Tagesprofil verloren

Mit Erfolg machten hier eine Therapeutin und ein Therapeut aus Thüringen geltend, dass diese Tätigkeiten nicht zeitlich an die einzelne Sitzung gebunden sind. Daher hätten sie im Tagesprofil nichts verloren.

Das BSG ist dem gefolgt, stellte aber klar, dass im Quartalsprofil weiterhin die 70 Minuten angerechnet werden können. Die Berücksichtigung sogenannter „Overheadzeiten“ gegenüber der Kalkulationszeit sei gerechtfertigt. Im Tagesprofil darf laut BSG dagegen nur die „Kalkulationszeit“ von 60 Minuten angesetzt werden.

Da die generellen Prüfvorgaben von bis zu zwölf Zeitstunden am Tag und 780 Zeitstunden im Quartal ausgehen, können Therapeuten danach zwölf Sitzungen am Tag und 668 im Quartal abrechnen.

In den entschiedenen Fällen soll nun die KV Thüringen neu über die sachlich-rechnerischen Richtigstellungen entscheiden, soweit bei dem Therapeuten nicht schon erhebliche Überschreitungen beim Quartalsprofil die Kürzungen tragen.

Der Freiburger Arztrechtler Holger Barth wies darauf hin, dass die Plausi-Zeiten auch für die Prüfung herangezogen werden, ob Ärzte ihren Versorgungsauftrag ausfüllen. Würden auch im Quartalsprofil nur 60 Minuten pro Sitzung herangezogen, bekämen Therapeuten mit geringem Leistungsumfang da teilweise wohl Probleme, erklärte er auf Nachfrage der „Ärzte Zeitung“.

Bundessozialgericht:

Az.: B 6 KA 42/7 R und B 6 KA 43/17 R

Auffällige Zeitprofile

  • Tagesprofil: Wer an drei Tagen im Quartal nach den im EBM hinterlegten Zeiten mehr als zwölf Stunden gearbeitet hat, wird auffällig.
  • Quartalsprofil: Auffällig wird, wer im Quartal nach den im EBM hinterlegten Zeiten mehr als 780 Stunden gearbeitet hat.
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