Pharma-Lieferkette

Sicherheit bereitet Apothekern Sorge

Zuletzt häuften sich wieder Meldungen, dass gefälschte oder aus Kliniken gestohlene Arzneimittel in der regulären Pharma-Lieferkette auftauchten. Für die Apotheker ist das Anlass genug, die Abschaffung der Importquote zu fordern.

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Original oder Fälschung? Möglicherweise auch verunreinigt oder gestreckt: Die Apotheker wünschen sich mehr Sicherheit.

Original oder Fälschung? Möglicherweise auch verunreinigt oder gestreckt: Die Apotheker wünschen sich mehr Sicherheit.

© ABDA

BERLIN/MÜNCHEN/MAILAND. Zum Auftakt des Apothekertages in München haben Standesvertreter am Mittwoch ein Maßnahmenpaket für mehr Arzneisicherheit am Point of Sale vorgeschlagen.

Friedemann Schmidt, Präsident des Dachverbands ABDA, erklärte, die Apotheker müssten "mehr Entscheidungsspielraum bei der Abgabe eines Arzneimittels bekommen".

Der Gesetzgeber solle die Verpflichtung im Sozialgesetzbuch streichen, wonach die Offizinbetreiber preisgünstige Re-Importe abgeben müssen.

Laut Rahmenvertrag zwischen GKV-Spitzenverband und Apothekerverband (DAV) beträgt die Abgabequote für Re-Importe derzeit fünf Prozent des mit gesetzlichen Kassen erzielten Umsatzes einer Apotheke.

Der Arbitragehandel mit re-importierten Arzneimitteln wird seit jeher verdächtigt, als Einfallstor für Fälschungen zu dienen.

DAV-Chef Fritz Becker: "Die Vertriebswege, über die Medikamente bewegt werden, sind oft sehr lang und haben viele Zwischenstationen. Je unübersichtlicher der Vertriebsweg und je häufiger die Grenzübertritte von Arzneimitteln, desto eher wird das Einschleusen von Fälschungen möglich."

Herkunftsnachweis vorlegen

Sinnvoll wäre es zudem, so ABDA-Präsident Schmidt, wenn Hersteller, Großhändler und Importeure "auf Nachfrage von Apothekern einen Herkunftsnachweis vorlegen und importierte Arzneimittel immer einer umfänglichen Laborprüfung unterziehen müssten".

Das Thema Fälschungen in der Pharma-Lieferkette wurde dieses Jahr schon mehrfach virulent: Im März tauchten gefälschte Packungen des Magenmittels Omeprazol unter dem Label eines bekannten Generikaherstellers in Apotheken auf.

Im April verschickten sowohl die Londoner Arzneimittelbehörde EMA als auch das hiesige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Warnungen, wonach in Italien Chargen hochpreisiger Krebsmittel und Wachstumshormone gestohlen und anschließend europaweit mit gefälschten Zertifikaten wieder in den Handel gebracht wurden.

Die Präparate könnten gestreckt oder sonstwie verunreinigt sein, hieß es damals.

Und erst kürzlich rief der Re-Importeur CC Pharma landesweit Produkte zurück, weil er Hinweise erhalten hatte, dass es sich dabei um gestohlene Ware aus Italien handeln könnte.

Diebstähle nehmen zu

Unterdessen legt eine Studie von Wissenschaftlern der Universität Trient sowie der Mailänder Università Cattolica del Sacro Cuore nahe, dass Medikamentendiebstähle in italienischen Kliniken dramatisch zunehmen.

Für ihren Report ("The theft of medicines from Italian hospitals") werteten die Wissenschaftler 68 Medienberichte über Medikamentendiebstähle in den Jahren 2006 bis 2013 aus. Demnach ereigneten sich allein im vergangenen Jahr 51 Fälle.

Durchschnittlich stelle jeder Diebstahl einen ökonomischen Schaden von rund 330.000 Euro dar, heißt es weiter. Insgesamt betrage die Schadenssumme aller berichteten Fälle 18,7 Millionen Euro.

Eine von zehn italienischen Kliniken sei in der Berichtszeit von einem Arzneidiebstahl betroffen gewesen.

Besonders viele Delikte seien in südlichen und östlichen Landesteilen zu registrieren, heißt es, vermutlich weil hier die organisierte Kriminalität zu Hause sei. Außer der Mafia seien wohl auch osteuropäische Banden involviert.

Größter Beliebtheit bei den Langfingern erfreuten sich Krebsmittel (32 berichtete Fälle), Immunsuppressiva (13), Antirheumatika (12) und andere Biologicals (10).

Ausdrücklich erwähnen die Autoren des Reports auch Pharmazwischenhändler und Parallelimporteure als Abnehmer der Diebe.

Bevorzugte Zielgebiete der geklauten Ware seien zunächst Osteuropa und Griechenland, weil die Pharmadistribution hier weniger streng kontrolliert werde und sich damit die Produkte auch leichter in den Parallelhandel einschleusen ließen. (cw)

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