Reha-Verordnung

Tränenloser Abschied vom Formular 60

Das Formular 60, als Antrag auf den Antrag zur Verordnung von Reha-Leistungen, gilt als klassisches Beispiel für ausufernde Bürokratie im Praxisalltag. Ab April 2016 soll es nun Geschichte sein. Die Diskussion unter Lesern zeigt, wie sehr dieses Formular Ärzte geärgert hat.

Von Marco Hübner Veröffentlicht:

NEU-ISENBURG. Das Verordnen von medizinischen Rehabilitationsleistungen wird ab April des kommenden Jahres für Ärzte leichter (wir berichteten). Das Formular 60 entfällt zu diesem Zeitpunkt.

Aber: Auch wenn der sogenannte "Antrag auf den Antrag" für die Ärzte stets ein rotes Tuch war, stößt diese Veränderung hin zu weniger Formularwut, bei den Lesern der "Ärzte Zeitung" nicht nur auf tosenden Beifall.

"Toll für die Ärzte, die 200 Euro für den Muster-60-Ausfüllkurs ausgegeben haben. Einfach super, Frau Feldmann", schreibt zum Beispiel Leser Christoph Claus als Kommentar unter den Artikel zum Wegfall des Formulars auf aerztezeitung.de.

Grund: Zukünftig kann jeder Vertragsarzt - auch ohne die bis vor Kurzem nötige KV-Berechtigung - eine medizinische Rehabilitation verordnen. Claus hatte also möglicherweise unnötig Geld ausgegeben.

Entschlackungskur gefordert

Der Abschied vom Formular 60 ist ein erster Schritt in einem Veränderungsprozess, der von einer Studie des Nationalen Normenkontrollrates (NKR) zum Thema Bürokratie angestoßen wurde. An der Studie haben auch die Spitzenverbände der Selbstverwaltung, das Gesundheitsministerium und das Statistische Bundesamt teilgenommen.

Ergebnis ist, dass Bürokratie Arztpraxen vier Milliarden Euro im Jahr kosten und eine Entschlackungskur nötig sei. Dafür hatte das Gremium Vorschläge ausgearbeitet. Den Wegfall des Antrags auf den Antrag zu Reha-Leistungen hatte die Vize-Chefin der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Regina Feldmann, bereits vor einigen Wochen im Interview als Erfolg vermeldet.

Diese Neuerung greift für den Leser Claus dennoch nicht tief genug, da eine Schwierigkeit bei der Reha-Verordnung auch künftig bestehe, nämlich die leistungsrechtliche Zuständigkeit, dessen Klärung der Arzt auf Formular 61 veranlassen soll.

"Toll für den Arzt", schreibt Claus mit ironischem Unterton, "der in Unkenntnis des Kostenträgers Muster 60 und Muster 61 in einem ausfüllt, um das dann beim Antrag an die DRV zu wiederholen."

Wie unbeliebt das Formular 60 unter den Ärzten ist, zeigt besonders der Kommentar des Lesers Dr. Henning Fischer. "Schade, ich hatte gerade die Rücknahme der Genehmigung zum Ausfüllen des Formulares beantragt", ärgert sich Fischer mit Blick darauf, dass nun jeder Arzt zur Verordnung von Leistungen berechtigt ist.

Er habe sich den Krampf nicht mehr antun wollen. Wohl auch deshalb, weil er wegen des Formulars in Konflikt mit der KV geraten war.

Reha-Verordnung abgelehnt

Als Arzt mit Genehmigung zur Reha-Verordnung habe er von der Kasse einen Patienten geschickt bekommen. Als er ablehnte, die Reha-Verordnung vorzunehmen, habe es "ordentlich Ärger" gegeben.

Auch wenn ihm die Rücknahme der Genehmigung bereits von der KV bestätigt worden sei, bereitet ihm das Formular Kopfzerbrechen: "Bin ich jetzt eigentlich verpflichtet, das Formular auszufüllen, auch wenn ich es nicht für sinnvoll halte?"

Voraussetzung für die HzV

In der Diskussion, die sich im Nachgang zur Abschaffung des Antrages auf den Antrag auf der Internetseite der "Ärzte Zeitung" entwickelt hat, zeigt sich unter anderem auch, aus welchen Gründen Ärzte die Genehmigung von der KV für die Verordnung von Kuren erworben haben.

"Ich hatte die Genehmigung beantragt, da sie Voraussetzung für die HzV war", schreibt erneut Fischer aus Nordrhein-Westfalen. "In meiner geriatrisch orientierten Praxis bringt mir die HzV keine Vorteile. Daher haben wir die wenigen eingeschriebenen Patienten gebeten, wieder zu kündigen. Deshalb brauche ich die Genehmigung nicht mehr."

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