Folgen für den Arzt

Rezepte gestohlen? Schadenersatz droht!

Werden Rezepte und Stempel aus der Praxis geklaut, sind Schadensersatzansprüche gegen Ärzte durchaus möglich - vorausgesetzt, sie haben ihre Sorgfaltspflicht verletzt.

Julia FrischVon Julia Frisch Veröffentlicht:
Unbeaufsichtigte Rezepte auf dem Schreibtisch des Arztes laden zum Mitnehmen ein.

Unbeaufsichtigte Rezepte auf dem Schreibtisch des Arztes laden zum Mitnehmen ein.

© Henrik Dolle / stock.adobe.com

NEU-ISENBURG. Vor Langfingern sollten Rezeptblöcke und Stempel in der Praxis gut geschützt sein (siehe Kasten unten).

Werden sie dennoch geklaut und vom Dieb missbräuchlich verwendet, kann das für Ärzte Folgen haben.

Denn Rezeptdiebstahl ruft unter Umständen die Krankenkassen auf den Plan. "Es ist denkbar, dass die Kassen den Arzt wegen Verstoßes gegen die Sorgfaltspflichten in Regress nehmen und verlangen, dass der Schaden erstattet wird", sagt Dr. Ingo Pflugmacher, Fachanwalt für Medizinrecht aus Bonn.

Das bestätigt die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNo). Wer Vordrucke und Stempel nicht, wie es der Bundesmantelvertrag (BMV) in Paragraf 37 vorschreibt, sorgfältig in der Praxis aufbewahrt, gegen den seien bei nachweislichen Verstößen Disziplinarmaßnahmen oder Schadensersatz- beziehungsweise Regresszahlungen möglich.

Um eine Sanktion zu verhindern, müsste der Vertragsarzt nachweisen, dass er die Sorgfaltspflicht aus dem BMV nicht verletzt hat – "beispielsweise durch Zeugenaussagen des Praxispersonals", erläutert die KVNo.

Bei ihr können Vertragsärzte über ein Onlineformular Diebstähle und Missbrauchsverdachtsfälle melden. "Anschließend benachrichtigen wir die Landesverbände der Krankenkassen, damit zum Beispiel gefälschte Rezepte im Falle einer etwaigen Wirtschaftlichkeitsprüfung aus dem Verordnungsvolumen des geschädigten Mitgliedes herausgerechnet werden können", schreibt die KV.

Berufsrechtliche Sanktionen möglich

Im Schnitt ist die KVNo pro Jahr mit etwa fünf Fällen von Rezept- /Stempeldiebstahl in nordrheinischen Praxen befasst. Hinzu kommen monatlich rund fünf Verdachtsmeldungen über einen möglichen Arzneimittel- oder Rezeptmissbrauch bei Patienten.

Denkbar sind auch berufsrechtliche Sanktionen durch die Landesärztekammer, wenn bei der Aufbewahrung von Praxisstempel und Rezepten geschlampt wurde.

Bei gestohlenen Stempeln und Rezepten handele es sich aber nur um Einzelfälle, berichtet Sascha Rudat, Pressesprecher der Ärztekammer Berlin.

Berufsrechtliche Maßnahmen kommen nur in Betracht, wenn die Kammer nachweisen kann, dass der Arzt seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Aufbewahrung von Stempel/ Rezept verletzt hat.

Passiere ein solcher Verstoß das erste Mal, belasse man es bei einem "berufsrechtlichen Hinweis", so Rudat. Ernst werde es erst, wenn die Pflichtverletzung wiederholt vorkommt.

Tipps: Formulare weg? Das ist zu tun!

Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNo) hat Tipps zusammengestellt, wie Praxen es Langfingern schwer machen können und was zu tun ist, wenn ein Diebstahl bemerkt wird.

Schutz vor Dieben:

» Rezeptvordrucke und Arztstempel immer an einem sicheren Ort aufbewahren. Gerade wenn es in der Praxis hoch hergeht und der Empfangstresen unbesetzt ist, weil die MFA einen Patienten ins Sprechzimmer oder einen Behandlungsraum führt, können Langfinger aktiv werden.

» Keine blanko unterschriebenen Rezepte vorbereiten. Auch unterzeichnete Rezepte, die zum Abholen für Patienten bereit liegen, sollten nicht frei zugänglich aufbewahrt werden.

» Werden Änderungen auf Rezeptvordrucken vorgenommen, rät die KVNo dazu, dass die Ärztin oder der Arzt diese immer erneut mit Unterschrift und Datum bestätigt.

» Betäubungsmittel-Rezepte sollten grundsätzlich besonders sorgfältig unter Verschluss gehalten werden.

Was nach Diebstahl zu tun ist:

» Anzeige gegen Unbekannt beim zuständigen Polizeiamt stellen. Das gilt nicht nur, wenn Rezepte fehlen, sondern auch bei Verlust des Arztstempels.

» Haftpflichtversicherung, KV und Apotheker über Diebstahl informieren.

» Bundesopiumstelle informieren, wenn BtM-Rezepte entwendet wurden. Das erfolgt am besten schriftlich unter Angabe der BtM-Nummer der Ärztin oder des Arztes sowie der Rezeptnummer. (ato)

Die Adresse lautet:

Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) – Bundesopiumstelle – Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3 53175 Bonn. Telefon: 0228 99307-4321, Fax: 0228 – 207-5985, E-Mail: btm-rezept@bfarm.de

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