Rauchen ist eine Sucht

Kampf für Raucherentwöhnung auf Rezept

Rauchen ist eine Sucht. Doch die Entwöhnung wird nach wie vor nicht von der Kasse bezahlt. Ein Arzt aus Eckernförde kämpft seit Jahren für seine Patienten.

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ECKERNFÖRDE. Das Verständnis für die Tabakabhängigkeit als Suchterkrankung ist in der Gesellschaft nur unzureichend ausgeprägt und hat in den vergangenen Jahren kaum Fortschritte gemacht.

Nach Wahrnehmung von Allgemeinmediziner Dr. Ulf Ratje leiden viele nikotinabhängige Patienten darunter, dass Rauchen noch immer als ein Problem angesehen wird, das der Einzelne individuell und ohne externe Unterstützung lösen könnte.

Der in Eckernförde niedergelassene Hausarzt ist auch Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Nikotin- und Tabakforschung. Mehrere seiner Patienten haben, wie berichtet, den Klageweg beschritten, um Raucherentwöhnungskurse von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet zu bekommen – bislang noch ohne Erfolg.

Eine vom Patienten eingereichte Nichtzulassungsbeschwerde am Bundessozialgericht ist noch nicht entschieden. Der Patient war zuvor mit seiner Klage vor dem Landessozialgericht gescheitert, das Revision zunächst nicht zuließ. Weitere Klagen sind noch vor Sozialgerichten Schleswig anhängig. 

Im Kern geht es bei den Klagen darum, wer die Kosten für Raucherentwöhnungsbehandlungen übernehmen muss. Für das Landessozialgericht zählen Entwöhnungstherapien nicht zum Kernbereich der von Krankenkassen zu tragenden Leistungen.

Abrechnung nach GOÄ

Folge: Ärzte müssen diese Behandlungen nach GOÄ abrechnen, was sich viele Patienten nach den Erfahrungen Ratjes aber nicht leisten können. Er will erreichen, dass der Erstattungsausschluss der Medikamente zur Raucherentwöhnung aus Paragraf 34 SGB V gestrichen wird.

Dort ist aufgelistet, welche Arzneimittel von der Versorgung ausgeschlossen sind. Der Gesetzgeber geht hier davon aus, dass bei ihnen die Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht – was Ratje bei der Raucherentwöhnung für unzutreffend hält. 

"Wir müssen geduldig bleiben" sagt er mit Blick auf den Ausgang der zum Teil langwierigen Verfahren. Fest steht für ihn auch, dass Verbesserungen für die Patienten nur in kleinen Schritten zu erreichen sind.

Ein Problem ist nach seiner Beobachtung, dass es im Zuge des verbesserten Nichtraucherschutzes in Deutschland zu einer Stigmatisierung der Raucher gekommen ist.

"Von einem Verständnis von Rauchen als Suchterkrankung sind wir derzeit weit entfernt. Da hat sich in den Köpfen der Menschen in den vergangenen Jahren wenig getan", sagt Ratje.

Auch die Patienten selbst betrachten sich häufig gar nicht als abhängig, obwohl ihnen der Verzicht auf die Zigarette nicht gelingt. Ratje: "Viele Patienten nehmen das Rauchen nicht als Erkrankung an. Das passiert oft aus einem Schutzreflex heraus." (di)

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