Virtuelles Training

Dieses Programm hilft, die Arzt-Patienten-Kommunikation zu verbessern

Ein Online-Trainingsprogramm soll Ärzte, Medizinstudenten, Pfleger und andere Gesundheitsberufe bei der Kommunikation mit Patienten in schwierigen Situationen unterstützen.

Sven EichstädtVon Sven Eichstädt Veröffentlicht:
Das Trainingsprogramm bietet verschiedene Lernmodule.

Das Trainingsprogramm bietet verschiedene Lernmodule.

© Screenshot: https://elearning.h-com.eu/my/

DRESDEN. Zeitmangel, fehlendes Selbstvertrauen und auch die Unsicherheit, wie mit Emotionen von Patienten umzugehen ist: Dies können Gründe sein, warum Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger nicht auf die Emotionen von Erkrankten reagieren. Dabei kann Empathie stark dazu beitragen, dass Patienten mit der Behandlung zufriedener sind, weniger Ängste haben und Medikamente regelmäßiger nehmen.

Das alles geht aus einem neuen Trainingsprogramm im Internet hervor, das sich an Ärzte, Krankenschwestern, Pfleger und auch Medizinstudenten richtet. Es wurde am Universitätsklinikum Dresden entwickelt und hat das Ziel, die Arzt-Patienten-Kommunikation zu verbessern.

Das Trainingsprogramm ist seit Mitte August freigeschaltet und hat den dritten Preis bei den griechischen Healthcare Business Awards 2018 in der Kategorie "e-health – Digital health tools for supporting healthcare professionals" erhalten.

Programm in fünf Sprachen

Das Programm steht in fünf Sprachen zur Verfügung: Deutsch, Englisch, Griechisch, Polnisch und Spanisch. Neben der Forschungsgruppe Angewandte Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie unter Leitung von Professor Hendrik Berth arbeiteten Projektpartner in Griechenland, Polen, Spanien und Zypern daran, das Programm zu entwickeln.

"Ich finde es sehr schön, dass man sich europaweit darum bemüht, die medizinische Versorgung wieder patientenzentrierter zu gestalten", kommentiert Elena Nikitin, Medizinstudentin im zehnten Fachsemester, die an einem Workshop auf Teneriffa teilnahm. Josell Loreto, Studentin der Soziologie und Psychologie im sechsten Fachsemester und ebenfalls auf Teneriffa dabei, sagt, "wir finden es toll, dass nicht nur Mediziner dabei sind, sondern ein interdisziplinärer Austausch stattfindet".

Victoria-Luise Batury, Projektkoordinatorin auf deutscher Seite, erinnert sich, dass "unsere Arbeitsweise von Anfang an praxisorientiert war". In den vergangenen beiden Jahren wurden im Projekt unter anderem Programme zur Arzt-Patienten-Kommunikation, die es in Europa schon gibt, systematisch erfasst und in einer Online-Datenbank veröffentlicht.

Darüber hinaus wurden in allen beteiligten Ländern moderierte Gruppendiskussionen mit Ärzten, Patienten und weiteren Experten aus dem Gesundheitswesen organisiert, um Probleme bei der Arzt-Patienten-Kommunikation zu erkennen.

Viele Quellen für die Entwicklung

An einer europaweiten Online-Umfrage zum Thema haben sich mehr als 700 Personen beteiligt. Eine systematische Literaturrecherche in den wichtigsten Datenbanken ergab einen ausführlichen Überblick, der ebenfalls über die Internetseite einsehbar ist.

"All das war für uns die Grundlage, um ein Workshop-Programm zu entwickeln, das in ganz Europa eingesetzt werden kann", berichtet Projektleiter Hendrik Berth. Bei der Sächsischen Landesärztekammer wurde beantragt, das Programm als ärztliche Weiterbildungsveranstaltung anzuerkennen.

Nachdem man sich auf der Internetseite registriert hat, kann man das Programm nutzen. Es ist in zehn Module aufgebaut. Angeboten werden Themenkomplexe wie patientenorientierte Behandlung, Kommunikation mit spezifischen Patientengruppen oder Kommunikation in schwierigen Situationen. Bei dem Thema Kommunikation in schwierigen Situationen können die Teilnehmer zum Beispiel lernen, wie sie mit Tabuthemen wie Tod, Sexualität, Sterblichkeit sowie Alkohol- und Drogenabhängigkeit umgehen können.

Wenn Patienten ein Thema ausklammern wollen, lässt sich das daran erkennen, dass sie nervös und unruhig sind, leise und undeutlich sprechen, vage und umständlich formulieren, einsilbig sind und Blickkontakt meiden. Bei Gesprächen über Alkoholmissbrauch erhalten die Teilnehmer des Programms den Ratschlag, offen, klar, neutral und empathisch zu sein.

Sie könnten zum Beispiel zu einem Patienten sagen: "Ich bin besorgt um Sie. An Ihren erhöhten Leberfunktionen kann ich Ihren Alkoholmissbrauch klar erkennen. Ich empfehle eine Entzugsbehandlung, aber das ist Ihre Entscheidung. Ich werde Ihnen Informationsmaterial geben und Sie können selbst entscheiden."

An negativem Denken arbeiten

Ein weiterer Teil des Themas Kommunikation in schwierigen Situationen ist es, wenn Ärzte schlechte Nachrichten zu überbringen haben, also zum Beispiel sagen müssen, dass sie an einer Krankheit leiden, die nicht mehr geheilt werden kann. Eine mögliche Reaktion von Patienten kann sein, dass sie dann sagen, "ich hoffe, dass ich noch etwas länger leben kann". Hier empfiehlt das Programm, dass ein Mediziner reagiert, indem er antwortet, "ich hoffe ebenfalls, dass Sie noch länger leben werden. Was wäre für Sie in dieser Zeit am wichtigsten?"

Für die Kommunikation mit Patienten, bei denen eine Depression diagnostiziert wurde, gibt das Programm Ärzten den Ratschlag, auf erfolgversprechende medikamentöse Therapien, die kognitive Verhaltenstherapie oder die interpersonelle Therapie hinzuweisen. Außerdem könnten die Mediziner ihren Patienten raten, an der Emotionskontrolle und am negativen Denken zu arbeiten, zu versuchen, von der Krankheit zu lernen und darauf zu schauen, welche positiven Seiten des Lernprozesses es gibt.

Falsch wäre es hingegen, wenn Ärzte oder Krankenschwestern apodiktische Aussagen machen wie beispielsweise "junge Leute werden nicht depressiv" oder "niemand kann depressiv werden, wenn familiäre und finanzielle Stabilität gegeben sind".

Das Programm im Internet

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