Hoffnungen auf die volle Pipeline

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Nach nur wenigen Wochen kommt es unter den Pharma-Branchenriesen zu einer zweiten Elefantenhochzeit: Merck & Co. kauft für 41,1 Milliarden Dollar den Konkurrenten Schering-Plough. Dessen volle Pipeline soll die gemeinsame Zukunft sichern.

Von Antonia von Alten

Der Zusammenschluss der beiden Pharma-Größen kommt nicht aus heiterem Himmel. Merck & Co., das in Deutschland als MSD Sharp & Dohme am Markt ist, und Schering-Plough (in Deutschland Essex Pharma) arbeiten schon seit längerem in einem Joint Venture-Unternehmen mit den Lipidsenkern Ezetrol® (Ezetimib) und Inegy® (Ezetimib/Simvastatin) zusammen. Dennoch müssen sich nach einer solchen 41,1 Milliarden-Dollar-Übernahme (ca. 31,3 Milliarden Euro) sowohl die mehr als 100 000 Mitarbeiter der beiden Unternehmen als auch die Konkurrenten neu sortieren.

Die Übernahme ist eine Flucht nach vorn

Die Großfusion ist - wie schon die von Pfizer und Wyeth - eine Flucht nach vorne: Sich breit aufstellen heißt zurzeit die Devise. Alle Pharmaunternehmen versuchen ihre Risiken auf möglichst viele Medikamente zu verteilen. In dieser Hinsicht passen die beiden Wettbewerber sehr gut zueinander, denn ihre Produktpaletten ergänzen sich gut, wie die Unternehmenschefs Richard T. Clark (Merck & Co.) und Fred Hassan (Schering-Plough) bei der Vorstellung der Übernahmepläne immer wieder betonten. Merck & Co. ist einer der weltweit größten Impfstoffhersteller, bei deutschen Ärzten unter anderem durch Gardasil® bekannt. Schering-Plough dagegen hat einige Medikamente gegen Krebs im letzten Stadium der Entwicklung und mischt weltweit in der Tiermedizin kräftig mit.

Mit dem Zusammenschluss verschafft sich Merck & Co. Zutritt zur reich bestückten Forschungspipeline von Schering-Plough und verdoppelt die Kandidaten im Endstadium der Entwicklung auf 18. Dieser Jungbrunnen kann für die Zukunft von Merck & Co. entscheidend sein, denn wichtige Medikamente wie der Lipidsenker Zocor® (Simvastatin) und das Osteoporosemittel Fosamax® (Alendronat), die einst Milliardenumsätze brachten, haben ihren Patentschutz verloren.

Analysten rechnen mit starkem Umsatzwachstum

Für Merck & Co. bestand daher dringender Handlungsbedarf. Denn ohne den Zusammenschluss, so die Prognose des Marktforschungsinstituts Datamonitor, hätte es für Merck & Co. möglicherweise schwierig werden können. Nun hat das Unternehmen angekündigt, bis zum Jahr 2011 jährlich die Kosten um 3,5 Milliarden Dollar zu senken. Analysten halten es für möglich, dass der Umsatz um 6,9 Prozent pro Jahr wachsen könnte.

Da Schering-Plough rund 70 Prozent seines Umsatzes außerhalb der USA macht, wird der fusionierte Konzern auch global breiter aufgestellt sein. Damit ist auch das Ziel von Merck & Co. erreicht, den Umsatz außerhalb der USA entscheidend zu steigern. Das neue Unternehmen rechnet mit einem jährlichen Umsatz von mindestens 47 Milliarden Dollar in 140 Ländern.

Fragezeichen bei der Transaktion stehen allerdings hinter den zwei Arthritis-Medikamenten Remicade® (Infliximab) und Golimumab, deren Rechte außerhalb der USA Schering-Plough vor mehreren Jahren von Johnson & Johnson erworben hat. Remicade® ist ein Antikörper gegen Rheumatoide Arthritis, Psoriasis und entzündliche Darmerkrankungen und mit 2,1 Milliarden Dollar Umsatz der Verkaufsschlager von Schering-Plough. Golimumab ist ein humaner Antikörper gegen TNF a. Die Zulassung wird in diesem Jahr erwartet.

Um die Rechte an den Medikamenten behalten zu können, haben Clark und Hassan den Deal formal als "Reverse Take-over" gedreht: die größere Merck & Co. wird von der kleineren Schering-Plough übernommen. Danach wird sich die dann mehr als doppelt so große Schering-Plough in Merck umbenennen. Die Merck-Aktionäre besitzen mit 68 Prozent die Mehrheit an der neuen Gesellschaft, während die Schering-Plough-Aktionäre 32 Prozent halten. Chef der neuen Firma wird der jetzige Merck-Chef Richard T. Clark.

Das "Reverse Take-over" scheint wasserdicht zu sein

Schering-Plough und Merck sind überzeugt, dass sie mit dem Reverse Take-over eine wasserdichte Lösung gefunden haben. Johnson & Johnson hat sich allerdings bislang noch nicht über das weitere Vorgehen geäußert. Und die Kartellbehörden müssen schließlich auch noch zustimmen.

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