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Ingelheimer Pharmafertigung brummt

Boehringer Ingelheim investiert kräftig in seine deutschen Standorte. Die Nachfrage nach den Arzneimitteln des Familienkonzerns erfordert derzeit sogar kurzfristig Kapazitätserweiterungen.

Christoph WinnatVon Christoph Winnat Veröffentlicht:
Hauptsitz Boehringer Ingelheim: Das Diabetes-Portfolio ist für den Konzern ein neuer Wachstumstreiber.

Hauptsitz Boehringer Ingelheim: Das Diabetes-Portfolio ist für den Konzern ein neuer Wachstumstreiber.

© Boehringer Ingelheim

INGELHEIM. Bei Boehringer Ingelheim stehen die Zeichen unverkennbar auf Wachstum: Im ersten Halbjahr konnten die Pharmaerlöse des Konzerns währungsbereinigt bereits um zehn Prozent auf 6,1 Milliarden Euro zulegen. Der Gesamtumsatz verbesserte sich in der gleichen Zeit sogar um 24 Prozent auf 9,2 Milliarden Euro. Wobei hier insbesondere die Erstkonsolidierung des von Sanofi im Tausch gegen die eigene, kleinere OTC-Sparte übernommenen Veterinärgeschäfts "Merial" zu Buche schlägt.

Nachdem das Hauptprodukt Spiriva® (Tiotropium gegen COPD) wegen zunehmender Generikakonkurrenz Umsatz verliert, erweist sich das Diabetes-Portfolio als neuer Wachstumstreiber. Um 55 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro hätten die Verkäufe der oralen Antidiabetika Trajenta® (Linagliptin), Jardiance® (Empagliflozin) und Jentadueto® (Linagliptin + Metformin) bis Ende Juni zugelegt. "2017 wird ein sehr erfolgreiches Jahr", pronostizierte Landesleiter Stefan Rinn anlässlich eines Pressetermins am Montag in Ingelheim. Das gelte auch für das deutsche Geschäft, versicherte Rinn. Bereits im Vorjahr konnte das Familienunternehmen nach seinen Angaben im Heimatmarkt wieder ein Plus verbuchen – um sechs Prozent auf 956 Millionen Euro –, nachdem die Inland-Verkäufe 2015 mit einem Prozent Rückgang noch stagnierten.

Momentan sei die Nachfrage nach Präparaten aus dem Hause Boehringer so gut, dass die Fertigung in Ingelheim im Dreischichtbetrieb an sieben Tagen auf Hochtouren laufe, berichtete Rinn. Um allein den wachsenden Bedarf nach oralen Antidiabetika zu bedienen, sei in der Rekordzeit von nur einem Jahr zwischen Baubeginn und Inbetriebnahme eine neue Diabetesfabrik in Ingelheim errichtet worden, Investitionsvolumen: 30 Millionen Euro. Seit Juli laufen die Diabetesmedikamente Jentadueto® und Sanyardi® (Empagliflozin + Metformin) vom Band.

Deutschland sei für Boehringer nach wie vor ein wichtiger Standort, betonte Rinn. Das verdeutlichten nicht zuletzt die gleichbleibend hohen Investitionen in die hiesigen Betriebe. Von 2003 bis 2016 habe Boehringer im Inland mehr als drei Milliarden Euro verbaut, im Schnitt also jedes Jahr 250 Millionen Euro in die hiesigen Standorte gesteckt. Zu den aktuellen Großprojekten zählen Stefan Rinn zufolge in Ingelheim unter anderem ein neues Bürogebäude, in dem die Zentrale der Sparte Tiergesundheit untergebracht werden soll (59 Millionen Euro) oder eine Anlage zur Herstellung klinischer Prüfmuster – "für einen dreistelligen Millionenbetrag". In Biberach entstünden gerade ein neues Bürogebäude für 40 Millionen Euro und ein Tiefkühllager (17 Millionen Euro). Im zweiten Quartal 2018 soll hier mit dem Bau eines neuen Entwicklungszentrums für rekombinante Arzneimittel begonnen werden, für das 229 Millionen Euro veranschlagt sind.

Trotz aktueller Vollauslastung bekräftigte Rinn den vor einem Jahr gefassten Plan, bis 2021 in der deutschen Pharmafertigung 800 bis 1000 Stellen abbauen zu wollen. Auf lange Sicht sei im Ausland zu produzieren kostengünstiger. Das gelte insbesondere für reifere Produkt, die schon längere Zeit im Markt sind. Allerdings werde der Stellenabbau sozialverträglich erfolgen, durch Job-Umschichtung, Altersteilzeit oder indem befristete Verträge nicht verlängert werden. Das sei, versicherte Rinn, auch schon bei dem 2015 eingeleiteten Sparprogramm "Journey" gelungen, das in Deutschland rund 500 Stellen kostete.

Boehringer in Deutschland 2016

- Umsatz mit Dritten: 956 Millionen Euro (= sechs Prozent der Gesamterlöse)

- Investitionen in Sachanlagen: 269 Millionen Euro (= 42 Prozent der weltweiten Konzern-Investitionen)

- F&E-Aufwand: 1,17 Milliarden Euro (= 38 Prozent der globalen F&E-Aufwendungen)

- Mitarbeiter (im Jahresschnitt): 15.151 (= 33 Prozent der Konzernbelegschaft)

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