Gesundheitsnetzwerkerpreis 2019

Berufsübergreifende Versorgung mit E-Akte – das ist die Zukunft

Elektronische Patientenakten standen auch bei der Preisverleihung der Gesundheitsnetzwerker zweimal im Mittelpunkt. Sie ermöglichen vernetztes Arbeiten für Ärzte – und die Anbindung anderer Berufsgruppen.

Hauke GerlofVon Hauke Gerlof Veröffentlicht:
Glückliche Preisträger bei den Gesundheitsnetzwerkern in Berlin: Gewinner des Hauptpreises ist eine berufsübergreifend angelegte Kooperation in der neurologischen und psychiatrischen Versorgung in Nordrhein.

Glückliche Preisträger bei den Gesundheitsnetzwerkern in Berlin: Gewinner des Hauptpreises ist eine berufsübergreifend angelegte Kooperation in der neurologischen und psychiatrischen Versorgung in Nordrhein.

© HL

Ein berufsübergreifend angelegtes Projekt für die engmaschige Betreuung neurologisch-psychiatrischer Patienten in der KV Nordrhein ist Träger des Hauptpreises der Gesundheitsnetzwerker 2019. Die Neurologisch-psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung (NPPV), ein Gemeinschaftsprojekt mit der Hamburger IVP GmbH, ist gedacht für Patienten mit schweren neurologischen und psychischen Erkrankungen.

Die Preisträger

  • Hauptpreis: Neurologisch- psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung (NPPV) in Nordrhein
  • Sonderpreise: Patchie Mukoviszidose App der Birds and Trees UG Online-Pflegekurs für pflegende Angehörige der Töchter & Söhne GmbH Praxisnetz Gesundes Kinzigtal fürdie Software-Lösung DIGITAL IV

Für eine möglichst engmaschige Begleitung der Patienten kooperierten Ärzte, Psychotherapeuten, Case Manager und Krankenhäuser mit Hilfe einer webbasierten Infrastruktur miteinander, hieß es bei der Preisverleihung am Dienstagmorgen in Berlin. Assessment und Behandlungspfade würden über die Software IVPnet gemanagt, auch E-Mental-Health-Angebote gehörten zum Angebot. Der jeweilige Bedarf der Patienten könne durch die vernetzte Zusammenarbeit der Beteiligten frühzeitig festgestellt werden, besser jedenfalls als in der Regelversorgung.

Förderung durch Innovationsfonds

Das Projekt wird mit einer Laufzeit von vier Jahren vom Innovationsfonds gefördert, danach geht es bei Nachweis eines messbaren Benefits um die Übernahme in die Regelversorgung. „Alle am Behandlungsprozess Beteiligten sind einbezogen und arbeiten mit sinnvoller digitaler Unterstützung auf Höhe der Zeit“, lobte die Jury den Gewinner des mit insgesamt 20.000 Euro dotierten Preises (Weblink: nppv-nordrhein.de).

Der Gesundheitsnetzwerkerpreis wird seit dem Jahr 2012 jährlich von der Berlin-Chemie AG gestiftet für Projekte, die sich auf innovative Weise für die Verbesserung der Gesundheitsversorgung einsetzen.

Außerirdische Motivation

Eine App für Kinder mit Mukoviszidose hat einen Sonderpreis für überzeugende Umsetzung bekommen: Die Patchie Mukoviszidose App der Birds an Trees UG in Hamburg hilft betroffenen Kindern spielerisch, die nötige Disziplin für die erforderlichen Therapiemaßnahmen aufzubringen.

Dabei werde das erkrankte Außerirdische „Patchie“ wie ein Tamagotchi zur Identifikationsfigur. Je besser die Performance im Spiel, dem der Therapieplan des Kindes zugrunde liegt, desto besser wird auch der Gesundheitszustand von „Patchie“. Die Jury ließ sich davon überzeugen, dass die Kinder dadurch ebenfalls erfolgreich ihre Therapie einhielten (birds-and-trees.de)

Einen weiteren Sonderpreis gab es für einen Online-Pflegekurs für pflegende Angehörige und Ehrenamtliche der Töchter & Söhne Gesellschaft für digitale Helfer mbH. Diese stolperten oftmals ohne jegliche Vorkenntnisse in die Aufgabe der häuslichen Pflege, interaktive Pflegekurse böten ihnen ein niedrigschwelliges Informations- und Begleitangebot – mit geprüfter Qualität und individueller Beratung. Die Jury würdigte insbesondere das Engagement für bessere Pflege zu Hause – und hofft, dass der Ausbau eine Vernetzung mit ärztlicher und professionell-pflegerischer Betreuung bringt (toechtersoehne.com).

Zentrale Akte für das Netz

Den dritten Sonderpreis hat die Softwarelösung DIGITAL IV der Gesundes Kinzigtal GmbH erhalten. Sie ermöglicht, Patientinnen und Patienten unabhängig von der jeweiligen Praxis-EDV digital in die Integrierte Versorgung (IV) des Gesundheitsnetzes einzuschreiben und eine zentrale Patientenakte zu nutzen.

Das Besondere: Sie könne – anders als bei bislang verfügbaren Lösungen – in den Workflow der Praxis und deren Praxis-EDV eingebunden werden. „Das Thema ist technischer Natur, regelt auf dieser Ebene aber die Vernetzung von Versorgern auf eine grundlegend neue Art“, lobte die Jury in Berlin (gesundes-kinzigtal.de).

Innovation – das heißt dicke Bretter bohren

Heute Preisträger – und morgen? In einer eigenen Sitzung bei den Gesundheitsnetzwerkern gab es am Dienstag ein Review der Projekte früherer Gewinner des Preises.

Was ist eigentlich aus der digitalen Arztvisite im Arztnetz Medizin und Mehr (MuM) in Bünde, Westfalen, geworden? Und aus der E-Nurse im Unternehmen Gesundheit Hochfranken? Und aus dem Babylotsen in der Arztpraxis als Beratungsangebot für Familien rund um die Geburt? Allen drei Projekten ist gemeinsam, dass sie vor einigen Jahren den Preis der Gesundheitsnetzwerker gewonnen haben.

Grund genug, beim 14. Kongress der Gesundheitsnetzwerker einmal in einer eigenen Sitzung nachzuhalten, wie sich die Projekte entwickelt haben. Es zeigt sich: Einen leichten Stand haben neue Ideen in der Versorgung nicht.

„Die Bretter, die man für die Umsetzung im Gesundheitswesen bohrt, sind verdammt dick“, äußerte sich Dr. Hans-Jürgen Beckmann, Vorstand der MuM GmbH, vor der Sitzung im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“. Die digitale Arztvisite elVi®, eine Videosprechstunden-Lösung für Praxen, sei auch fünf Jahre nach dem Gewinn des Preises immer noch im „Projektitis-Zustand“, so Beckmann weiter.

Immerhin: Der Sinn der Telemedizin sei heute keine Frage mehr, angesichts der Versorgungsprobleme „muss das kommen“, so Beckmann. Bislang sei die Bewertung im EBM aber „eher als Feigenblatt zu sehen“. Die Krankenkassen meinten noch, sie könnten das „umsonst kriegen“.

Die digitale Arztvisite sei inzwischen an die CompuGroup Medical abgegeben, immerhin gebe es mittlerweile gut 1000 Anwender. „Wir gehen da hin, wo die Not groß ist“, beschreibt Beckmann die Einsatzgebiete. Neuerdings schalte sich zum Beispiel der ambulante Pflegedienst in Bünde damit in die Praxen. Und: Wo man Schwerkranke nicht transportieren will, könne die Videokonferenz ebenfalls wertvolle Hilfe leisten. (ger)

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