Zukunftsbranche Gesundheit

Honorarärzte sind kein Phänomen des Übergangs

In Skandinavien ist das Honorararztmodell sehr beliebt - ein Vorbild für Deutschland?

Von Uwe K. Preusker Veröffentlicht:

Ambivalent - das ist wohl das Wort, mit dem das Verhältnis zwischen Honorarärzten und Klinikverwaltungen am besten beschrieben werden kann.

Einerseits können Kliniken heute ohne Honorarärzte, die dort aushelfen, wo festangestellte Fachärzte nicht zu bekommen sind, kaum noch existieren.

Andererseits würden die Krankenhäuser aus vielen Gründen gerne ohne solchen Ersatz auskommen. Der Blick nach Nordeuropa aber zeigt: Die Honorarärzte sind gekommen, um zu bleiben.

Arbeitszeit zur Miete

In Schweden begann dieses Phänomen vor gut 15 Jahren: Da entschied sich ein junger Arzt, seine Arbeitskraft lieber von Fall zu Fall an Krankenhäuser und Gesundheitszentren zu vermieten, statt als Festangestellter zu arbeiten.

Wenige Jahre später hatte sich aus diesem Ein-Mann-Betrieb ein veritables Unternehmen entwickelt, das viele 100 "Leih-Ärzte", wie der schwedische Begriff lautet, dorthin vermietete, wo aktuell oder dauerhaft Bedarf war.

Ein Beispiel, das Schule machte: Mittlerweile hat sich aus solchen kleinen Anfängen ein eigener Unternehmens-Typ entwickelt.

Typisch dafür ist das finnische Unternehmen MedOne, das im Jahr 2000 von einer Gruppe junger Ärzte gegründet wurde, die selbst als Honorarärzte gearbeitet hatten. Anfang 2002 vermietete MedOne dann bereits 260 Ärztinnen und Ärzte an Gesundheitszentren und Krankenhäuser in ganz Finnland. Wenig später übernahm man dann erstmals den Betrieb eines ganzen Zentrums.

Heute beschäftigt das mittlerweile zum schwedischen privaten Gesundheitsdienstleister Attendo gehörende Unternehmen 5000 Mitarbeiter und betreibt insgesamt 30 Gesundheitszentren sowie die Notaufnahmen in einer Reihe von Krankenhäusern. Außerdem bietet es spezialisiertes Pflegepersonal für den OP-Bereich an.

Status-Wechsel nicht unproblematisch

Davon sind wir in Deutschland noch weit entfernt. Aber mit den gesetzlichen Klarstellungen - zuletzt im Psych-Entgeltgesetz - hat man Krankenhäusern hierzulande mittlerweile erlaubt, auch Kernleistungen einer Klinik mit nicht fest angestellten Ärztinnen und Ärzten zu erbringen.

Solche "nicht fest angestellten Ärzte" können sowohl niedergelassene Vertragsärzte sein, die neben ihrer Praxis auch als Honorarärzte Aufgaben in Kliniken übernehmen, aber auch Fachärzte, die das Angestellten-Dasein in einer Klinik mit einer neuen Form von Selbstständigkeit tauschen wollen und ihre Arbeitskraft von Fall zu Fall als Honorarärzte anbieten.

Ganz problemlos ist ein solcher Wechsel des Status in Deutschland noch nicht - das zeigen viele Rechtsstreitigkeiten um Scheinselbstständigkeit und Sozialversicherungspflicht, die mit durchaus wechselnden Ergebnissen ausgehen.

Umstrittene Interpretation

Und neuerdings interpretiert das Landessozialgericht Baden-Württemberg die Anfang dieses Jahres in Kraft getretenen Änderungen zur Erbringung von Hauptleistungen einer Klinik durch nicht fest angestellte Ärzte dahin gehend, dass damit nur in eigener Praxis niedergelassene Ärzte gemeint seien - eine Frage, die wohl erst vor dem Bundessozialgericht endgültig entschieden werden wird.

Doch wie auch immer die rechtlichen Streitigkeiten ausgehen werden: Mit dem Honorararzt ist eine neue Form ärztlicher Tätigkeit entstanden, die es ermöglicht, flexibel zwischen ambulanter und stationärer Tätigkeit sowie unterschiedlichen Einsatzorten zu wechseln oder als Vertragsarzt beide Tätigkeiten miteinander zu verbinden - nicht zuletzt auch zum Wohl der Patienten!

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