E-Health

Kreativität und Regulierung sind nicht immer Gegensätze

Ärzte sind durchaus kreativ, wenn es um die Optimierung der Praxisabläufe geht. Müsste es für den kreativen Jens Spahn nicht mehr Beifall geben?

Julia FrischVon Julia Frisch Veröffentlicht:
Der Staat als Förderer: Die Unterstützung des Landkreises ermöglichte den Aufbau der medizinischen Ferienakademie, berichtete Hausarzt Peter Löw.

Der Staat als Förderer: Die Unterstützung des Landkreises ermöglichte den Aufbau der medizinischen Ferienakademie, berichtete Hausarzt Peter Löw.

© Georg Moritz

PpSG, TSVG, E-Health-II – mit seinen Gesetzes-Initiativen zeigt sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn äußerst produktiv. Dabei trifft er gelegentlich, aber längst nicht immer auf die Zustimmung der Ärzte, wie sich bei der Diskussionsrunde mit den Gewinnern des Erfolgs-Rezept Praxis-Preises 2018 in Berlin zeigte. Die Initiativen beispielsweise, mit denen Spahn die Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen endlich vorantreiben will, wurden vom Drittplatzierten des Praxis-Preises begrüßt. „Was Spahn bei der Digitalisierung macht, dafür bin ich ihm dankbar“, sagte Dr. Titus Brinker, Hautarzt und beim Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen in Heidelberg Leiter der App-Entwicklung.

Auf lange Sicht werde die Medizin dadurch individueller werden. Vorsicht sei aber geboten, die Entwicklungen dürften nicht zur „Verramschung“ des Arztberufes führen, sagte Brinker mit Blick auf die bisherige Vergütung von telemedizinischen Leistungen.

„Termine sind kein Problem“

Unverständnis äußerte dagegen Dr. Ute Schaaf, Allgemeinmedizinerin aus Mittelfranken, dafür, dass sich der Minister dem angeblichen Terminvermittlungsproblem widmet. „Termine bei Fachärzten sind bei uns kein Problem. Wenn ein Patient etwas Dringendes hat und einen Termin braucht, dann rufen wir im Krankenhaus oder beim Facharzt an“, sagte Schaaf. Und mit Bezug auf Spahn: „Da spricht jemand, der nicht weiß, wie es an der Basis abläuft.“ Hausarzt Dr. Ralph Jäger aus Baden-Württemberg befand, dass Spahn „so weit weg von mir“ ist, „da mache ich mir gar keine Gedanken“.

Wie sich die Regulierungen, die im Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) stehen, auswirken werden, das wird sich erst noch zeigen. Dass Regulierung positiv wie negativ wirken kann, war die These von Professor Ralph Tunder, Direktor des Health Care Managements Institutes der EBS Universität Wirtschaft und Recht.

„Der Staat ist nicht nur Bremser“

Mehr Vorgaben und Standards für Gesundheitsapps könnten zum Beispiel Patienten die Angst nehmen, solche Anwendungen zu nutzen und ihnen Daten anzuvertrauen, sagte Tunder. Es gebe Regularien, welche „die Praxis auf den Kopf stellen“, sagte auch Hausarzt Dr. Ralph Jäger aus Aichhalden. Er habe jedoch auch erfahren, dass staatliche Stellen nicht nur als Bremser, sondern auch als Förderer auftreten. So sei der Aufbau einer Zweigpraxis seiner üBAG in einem unterversorgten Gebiet dank der Unterstützung des Landes völlig unproblematisch verlaufen.

Ähnliches berichtete Dr. Peter Löw, Internist aus Treuchtlingen. Ohne die Unterstützung des Landkreises wäre es nicht möglich gewesen, die medizinische Ferienakademie zu stemmen. Und auch die bayerische KV vermittele inzwischen das Gefühl, dass dort „Menschen sitzen, die sich Gedanken über eine bessere Versorgung machen“, sagte Löws Kollegin Ute Schaaf.

Sie würde es dennoch begrüßen, wenn die „große“ und „kleine“ Politik der Ärzteschaft zuhörten und auf Augenhöhe mit ihr redeten, anstatt Schnellschüsse abzugeben. Jäger wiederum plädierte dafür, einige Förderregularien zu überarbeiten. Fördermaßnahmen müssten auch unabhängigen Einzelprojekten zugute kommen, ohne Beteiligung von Großinstitutionen oder Krankenkassen. Solche Vorgaben seien für kreative Ärzte ein großes Hemmnis.

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