Gastbeitrag

Im Nachhinein anfechten - das geht nicht!

Erst hat eine private Krankenversicherung jahrelang die Kosten für ein Arzneimittel erstattet. Dann leugnet sie plötzlich die medizinische Notwendigkeit. Und ficht kurzerhand die Abrechnung an.

Von Frank A. Stebner Veröffentlicht:
Dr. Frank A. Stebner ist Fachanwalt für Medizinrecht in Salzgitter.

Dr. Frank A. Stebner ist Fachanwalt für Medizinrecht in Salzgitter.

© privat

Der Sparzwang im Gesundheitswesen ist inzwischen auch bei der PKV angekommen. Privatversicherte haben sich in den letzten Jahren daran gewöhnt, dass sie Kosten manchmal nur nach umfangreichem Schriftverkehr und gegebenenfalls rechtlichen Schritten erstattet bekommen.

Jetzt hat sich die Inter Krankenversicherung etwas Neues einfallen lassen, um Ausgaben zurückzuholen. Sie erklärte im Nachhinein die Anfechtung von Kostenerstattungen, angeblich weil im Nachhinein die medizinische Notwendigkeit nicht vorgelegen habe.

Zuvor hatte die Versicherung über Jahre hinweg die Kosten für ein teures verschreibungspflichtiges Arzneimittel erstattet. Bei der letzten Kostenerstattung behauptete sie dann im Nachhinein, das Arzneimittel sei in der Dosierung nicht erforderlich. So erklärte die Leistungsabteilung kurzerhand die Anfechtung der Abrechnung und Auszahlung.

Genau geregelt sind im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) die Anfechtungsgegenstände - ergänzt durch die Vorschriften in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen. Anfechtungsgegenstände sind:

• Verletzung vorvertraglicher Anzeigepflichten (z. B. Verschweigen von erheblichen Vorerkrankungen).

• Verletzung von Anzeigepflichten bei Vertragsänderungen.

• Täuschung über Gefahrumstände

Die genannten Anfechtungsgegenstände beziehen sich also auf den Vertragsinhalt selbst. Daneben wird generell eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung durch den Versicherungsnehmer für zulässig erachtet (Paragraf 22 VVG, Paragraf 123 BGB).

Wird eine Anfechtung wie im genannten Fall nach erfolgter Kostenerstattung beispielsweise wegen einer von der Krankenversicherung behaupteten Übermedikation erklärt, liegt keine der Anfechtungsgründe im Sinne der im VVG normierten Anfechtung vor.

Es bleibt damit nur eine Anfechtungsmöglichkeit wegen arglistiger Täuschung. Dafür ist aber immer eine aktive, vorsätzliche Täuschungshandlung durch den Versicherungsnehmer erforderlich. Eine solche liegt z. B. bei einer Rezeptfälschung vor und ist in den wenigsten Fällen anzunehmen.

Kein Anfechtungsgrund besteht, wenn in der Leistungsabteilung einer privaten Krankenversicherung erst nach vorbehaltlos erfolgter Kostenerstattung eine fehlende medizinische Notwendigkeit festgestellt wird.

Dann liegt ein sogenannter unbeachtlicher Motivirrtum vor, und die erklärte Anfechtung ist unwirksam. Versicherte müssen die Kostenerstattung dann weder ganz, noch teilweise zurückzahlen.

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