Naturkatastrophe

Praxen oft unterversichert

Zehn Jahre nach dem Elbehochwasser kritisieren Verbraucherschützer und Versicherer, dass viele Praxen noch immer schlecht abgesichert sind. Dabei könnten Elementarschäden an der Existenz der Ärzte kratzen. Aber auch die Versicherer sind nicht ganz unschuldig an der Situation.

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Die Zahl der Überschwemmungen durch extreme Niederschläge hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen.

Die Zahl der Überschwemmungen durch extreme Niederschläge hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen.

© NoA Production / fotolia.com

KÖLN (akr). Auch zehn Jahre nach der Jahrhundertflut in Ostdeutschland haben viele Ärzte keinen Versicherungsschutz gegen Überschwemmung. Den sollten sie aber unbedingt haben, sagen Versicherer und Verbraucherschützer.

Ohne eine zusätzliche Elementarschutzversicherung für die Praxis und privat genutzte Immobilien droht ihnen bei einer Überschwemmung der finanzielle Ruin.

An diesem Freitag, dem 10. August, jährt sich das Elbhochwasser zum zehnten Mal. Es war eines der schwersten Überschwemmung in der Geschichte Europas.

Nach anhaltenden Regenfällen schwollen die Elbe und ihre Nebenflüsse extrem an und überfluteten auch viele Praxen niedergelassener Ärzte.

"Das Elbehochwasser ist gemessen an den volkswirtschaftlichen Schäden das bis heute mit Abstand teuerste Naturereignis in Deutschland", sagt Peter Höppe, Klimaexperte des Rückversicherers Munich Re.

Es verursachte Kosten von 11,6 Milliarden Euro. Der versicherte Schaden lag nur bei 1,8 Milliarden Euro - denn viele Flutopfer hatten keine Elementarschadendeckung.

Ohne diesen Zusatz zahlt die Wohngebäude-, Hausrat- oder Praxisversicherung weder bei einer Überschwemmung noch bei einem Erdbeben oder einem durch Lawinen und Schneedruck verursachten Schaden.

In den Bundesländern Bayern, Sachsen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt haben Assekuranz und Landesregierungen bereits vor Längerem gemeinsam Aufklärungskampagnen gestartet, um Bürger zum Abschluss einer Elementardeckung zu bewegen.

Das Risiko für Überschwemmungen steigt. 1980 verzeichnete die Munich Re 100 größere Überflutungen weltweit, jetzt sind es 350 im Jahr. "Es gibt keine Region, die ohne Gefährdung ist", sagt Klimaexperte Höppe.

Trügerische Sicherheit: "Mich trifft es nicht"

Auch fernab von Flüssen wächst bei extremen Niederschlägen die Gefahr, dass Wasser etwa durch den Keller ins Haus dringt. "Im Vergleich zu Starkregen mit lokalen Sturzfluten ist ein Flusshochwasser relativ selten", sagt Höppe.

Ärzte, die für ihre Praxis keine Elementarschadendeckung haben, riskieren ihre Existenz. Im Ernstfall zahlt der Versicherer weder den Betriebsausfall noch den am Inventar entstandenen Schaden - geschweige denn die Sanierungskosten.

Dennoch ist das Risikobewusstsein bei Ärzten und anderen für diese Gefahr noch niedrig. "Es gibt immer noch viele Menschen, die glauben: Ich wohne nicht in einem Risikogebiet, mich trifft es nicht", sagt Christian Diedrich, für die Sachversicherung verantwortlicher Vorstand bei der Munich Re-Tochter Ergo.

Laut Diedrich kostet die Elementardeckung für ein durchschnittliches Haus in einer durchschnittlichen Gefahrenlage rund 200 Euro im Jahr.

Verbraucherschützer kritisieren, dass nicht jeder, der einen Elementarschutz wünscht, auch eine Deckung bekommt. Die Versicherer seien bei der Risikoprüfung sehr rigide, sagt Hajo Köster von der Verbraucherschutzorganisation Bund der Versicherten.

"Sie setzen die Hürden sehr hoch." Viele Hausbesitzer in wenig gefährdeten Gebieten würden deshalb keine Elementarschutzdeckung bekommen, obwohl sie es wollten.

Die Versicherer weisen das zurück. "Nur 1,5 Prozent der Gebäude lassen sich nicht mit einem Standard-Produkt versichern", so Diedrich. Und auch für den Rest gebe es Lösungen, sagt er.

"Es gibt die Möglichkeit der Risikominimierung zum Beispiel durch bauliche Maßnahmen oder der Vereinbarung von erhöhten Selbstbehalten."

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