Versicherungen

Schadensabwicklung via Alexa? Alles nur eine Frage der Skills!

Viele Versicherungsgesellschaften gehen davon aus, dass Sprachassistenten wie Alexa oder Siri zunehmend an Bedeutung gewinnen werden – um zum Beispiel Fragen von Kunden zu beantworten.

Von Nina Nöthling Veröffentlicht:
Versicherungsverträge vom Sofa aus abschließen? Mit Sprachassistenten könnte das bald Wirklichkeit werden.

Versicherungsverträge vom Sofa aus abschließen? Mit Sprachassistenten könnte das bald Wirklichkeit werden.

© bht2000 / stock.adobe.com

KÖLN. Sich nach einem anstrengenden Arbeitstag noch um Versicherungsangelegenheiten kümmern zu müssen, ist für die meisten wohl eine abschreckende Vorstellung.

Wie viel schöner wäre es, gemütlich auf der Couch zu sitzen und nur noch sagen zu müssen "Alexa, mein Fahrrad wurde gestohlen, kümmere dich mal darum!"

Der Sprachassistent von Amazon übernimmt den Rest und kurze Zeit später ist das Geld vom Versicherer auf dem Konto. Das könnte Realität werden. Davon gehen zumindest die Versicherer aus.

Viele Gesellschaften – darunter Allianz, Axa, Zurich und die Deutsche Familienversicherung (DFV) – haben bereits sogenannte Skills für Alexa entwickelt.

Skills funktionieren wie eine App für Smartphone oder Tablet: Sie geben Alexa bestimmte Fähigkeiten, zum Beispiel die Verkehrsnachrichten vorzulesen oder eben über die Policen des jeweiligen Anbieters zu informieren.

Alexa muss erst noch viel lernen

Zurzeit sind die Möglichkeiten der Skills jedoch noch begrenzt. Mit das Schwierigste ist, den Gesprächsverlauf exakt vorauszuahnen, erklärt Sören Kupke, Fachbereichsleiter für Kundenportale und Verkaufsprozesse bei Allianz Leben.

Allein auf die Frage nach dem Alter gibt es mehrere Antwortmöglichkeiten: Der eine Nutzer nennt nur eine Zahl, der nächste hängt das Wort "Jahre" hintendran, und wieder ein anderer nennt sein Geburtsdatum.

"All diese Möglichkeiten müssen bedacht und programmiert werden, eine Antwort muss festgelegt werden", erklärt der Digitalisierungsexperte. Momentan ist die Kommunikation auch noch weit entfernt von natürlicher Sprache. Nutzer müssen Fragen und Anweisungen nach einem genauen Muster geben, sonst versteht Alexa sie nicht. Auch die Antworten sind meist etwas holprig.

Die Kommunikation mit Alexa ist allerdings nicht das eigentliche Problem, meint Philipp Opfermann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Er bezweifelt, dass der Sprachassistent dem Kunden ausreichende Informationen liefern kann.

"Bei Alexa ist einfach die Beratung nicht gegeben", sagt er. "Sie kann nicht auf Besonderheiten bei meiner Wohnung hinweisen, zum Beispiel wenn ich eine teure Stereoanlage besitze oder antike Möbel." Antike Möbel oder auch Fahrräder müssen häufig extra angegeben werden, wenn sie mitversichert werden sollen. Das erhöht die Prämie.

Sprachassistenten gewinnen an Bedeutung

Positiv sieht Opfermann hingegen die Lexikon-Funktion, die Versicherer wie Allianz und die DFV in ihre Skills eingebaut haben. Kunden können sich erklären lassen, was eine Teilkaskoversicherung ist oder eine Haftpflichtpolice.

Der britische Versicherer Aviva hat sogar einen separaten Skill entwickelt, der Kunden Versicherungsbegriffe erklärt. Die wenigsten Menschen beschäftigen sich gerne mit ihrem Versicherungsschutz, weiß Opfermann "Wenn Alexa hier einen einfachen digitalen Zugang schaffen kann, kann ich das nur begrüßen."

Auch wenn es noch viele Kritikpunkte gibt und die Anwendung noch weiterentwickelt werden muss, gehen Experten davon aus, dass Sprachassistenten sehr schnell an Bedeutung gewinnen werden.

"Je mehr Alexa und andere Sprachassistenten in den Alltag integriert werden, desto selbstverständlicher wird der Umgang mit ihnen", erwartet Vincent Wolff-Marting, Teamleiter Digitalisierung und Innovation bei dem Dienstleistungsunternehmen Versicherungsforen Leipzig. Dann werden die Kunden Alexa auch zu Versicherungen befragen. "Kein Versicherer wird sich den Sprachdiensten entziehen können", sagt Stefan Knoll, Gründer und Inhaber der DFV.

Ebenso wenig werden sich die Unternehmen auf einen einzigen Sprachdienst beschränken können. Versicherer werden sowohl einen Skill für Alexa also auch für Siri, Cortana und andere bauen müssen, sagt er.

Noch ist Amazon mit Alexa Marktführer, aber die Konkurrenten Google und Apple werden aufholen. "Die Kunden wollen die Wahl haben, wie sie mit uns interagieren", sagt der Allianz-Experte Kupke.

Knackpunkt Stimmerkennung

Alexa und ihre Kollegen entwickeln sich außerdem rasend schnell weiter, sagt Wolff-Marting von den Versicherungsforen Leipzig. Sie basieren auf künstlicher Intelligenz und lernen mit jedem Gespräch dazu. "Gerade die Spracherkennung für Deutsch wird immer besser", sagt Wolff-Marting.

Einer der nächsten Schritte wird die Sprachidentifizierung sein, glaubt er. Dann wird Alexa einen Familienvater von der jugendlichen Tochter unterscheiden können und dem Vater, der schon mehrere Policen abgeschlossen hat, Versicherungsbegriffe anders erklären als der Tochter, die gerade ihre Ausbildung anfängt.

Diese Fähigkeit, Menschen an der Stimme zu erkennen, wäre auch eine Grundlage, um Vertragsabschlüsse über Sprachassistenten möglich zu machen.

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