Einladung verboten

Fortbildung sorgt für heftigen Krach

Dürfen Ärzte auf Einladung der Industrie kostenlos an Fortbildungen teilnehmen? Die Berufsordnung in Niedersachsen sagt "Nein". Daran hat sich jetzt ein heftiger Streit entzündet. Ein Kollege will den Fall mit einer Selbstanzeige klären.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
Fortbildungsveranstaltung: In Niedersachsen sind Einladungen noch immer verboten.

Fortbildungsveranstaltung: In Niedersachsen sind Einladungen noch immer verboten.

© shock / fotolia.com

HANNOVER/HILDESHEIM. Mehr als 2600 Ärzte in Niedersachsen haben sich in einer Faxaktion des Hartmannbundes Niedersachsen gegen eine Besonderheit in der Berufsordnung ihrer Kammer ausgesprochen: Sie verbietet ihnen, sich von Veranstaltern zu Fortbildungen einladen zu lassen.

Für Dr. Bernd Lücke, Vorsitzender des Hartmannbundes/Landesverband Niedersachsen, "ein Unding".

Schon in der jüngsten Vertreterversammlung der KV Niedersachsen gab es darüber Streit. Jetzt hat der Hartmannbund Niedersachsen mit der Unterschriftenaktion nachgelegt.

In ihrer letzten Kammerversammlung haben die Delegierten der ÄKN beschlossen, den vor kurzem angepassten Absatz 2 des Paragrafen 32 über "unerlaubte Zuwendungen" aus der Musterberufsordnung der Bundesärztekammer (BÄK) nicht zu übernehmen.

Darin hieß es: "Die Annahme von geldwerten Vorteilen in angemessener Höhe ist nicht berufswidrig, sofern diese ausschließlich für berufsbezogene Fortbildung verwendet werden." In Niedersachsen sind also solche geldwerten Vorteile berufswidrig (wir berichteten).

Verboten sind nur Geschenke

"Der Hartmannbund in Niedersachsen hält dieses Vorgehen für inakzeptabel und sieht in dieser Interpretation einen Rechtsverstoß, da der § 32 Abs. 1 der Berufsordnung der ÄKN nicht generell verbietet, an von Dritten gesponserten Fortbildungsveranstaltungen einschließlich Reisekosten und/oder Tagungskosten teilzunehmen", heißt es in dem Fax des HB.

Tatsächlich heißt es dort, Ärzten sei es nicht gestattet, "Geschenke oder andere Vorteile für sich oder Dritte zu fordern oder sich oder Dritten versprechen zu lassen oder anzunehmen, wenn hierdurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird".

Verboten sind also nur Geschenke, die die ärztliche Entscheidung beeinflussen. Nach Lückes Ansicht dienen Einladungen zu Fortbildungen eben nicht der Beeinflussung, sondern ausschließlich der Fortbildung.

"Wenn wir mit der neuen BO in Niedersachsen ernst machen, dann müssten die Referenten genauso behandelt werden, wie die Ärzte und dürften kein Geld erhalten", sagte Lücke zur "Ärzte Zeitung".

Pharmafirmen finanzierten doch auch Drittmitteltöpfe von Universitätskliniken, aus denen sich Assistenzärzte für Fortbildungen bedienen. "Das ist ja auch nicht verboten", so Lücke.

"Sache längst geklärt"

"Hier gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz!" Der HB-Chef erklärte, er wolle sich weiter einladen lassen und erstattete bei der ÄKN Selbstanzeige. "Ich will, dass die Sache geklärt wird", so Lücke zur "Ärzte Zeitung".

Die Kammer Niedersachsen hat auf ihre Homepage acht "häufig gestellte Fragen" zum Thema samt ihrer Antworten gesetzt, die die Haltung der ÄKN präzisieren. Für Karsten Scholz indessen, Justiziar der ÄK Niedersachsen, ist die Sache längst geklärt.

Das heute umstrittene Verbot gebe es schon seit 2004. Richtig wahrgenommen hat man es aber erst, nachdem der fragliche Absatz 2 der MBO in Niedersachsen nicht übernommen wurde.

"Und jetzt kommt Herr Lücke und macht das zum Problem." Zur Selbstanzeige Lückes wollte Scholz nichts sagen. "Wir sind verpflichtet, solche Dinge intern zu verhandeln."

Übrigens: Am Samstag (4. Mai) hat die Kammerversammlung die bestehende Regelung mit 38 Stimmen gegen 7 Nein-Stimmen und bei 5 Enthaltungen bestätigt. Die Kritik der Ärzte aus der Faxaktion haben die Delegierten nach eingehender Diskussion abtropfen lassen.

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