Versorgungsprojekt gestartet

Projekt Ülenkinder hilft Eltern schwerkranker Kinder

Das Hamburger Projekt Ülenkinder unterstützt Eltern, deren Kindern besonders viel Pflege brauchen.

Von Dirk Schnack Veröffentlicht:
Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank, Kirsten Mainzer, Eva Maria Ciolek (beide Ülenkinder) und Thomas Bott von der AOK Rheinland/Hamburg engagieren sich für Familien mit schwerstkranken Kindern.

Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank, Kirsten Mainzer, Eva Maria Ciolek (beide Ülenkinder) und Thomas Bott von der AOK Rheinland/Hamburg engagieren sich für Familien mit schwerstkranken Kindern.

© Dirk Schnack

Hamburg. Schwer erkrankte Kinder und Jugendliche oder jene, die palliativ betreut werden müssen, sollen in Hamburg bald besser versorgt werden. Das Versorgungskonzept Ülenkinder zielt auf die Phase nach dem stationären Aufenthalt.

Damit die betroffenen Familien sich auf das Zusammenleben mit einem schwer erkrankten Kind zu Hause besser einstellen können, werden sie geschult – die professionelle Hilfe soll deshalb aber nicht reduziert werden.

Schnell in einer Überforderungssituation

Nach dem stationären Aufenthalt geraten Familien mit schwerstkranken Kindern nach Beobachtung von Hamburgs zweiter Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Die Grünen) schnell in eine Überforderungssituation. Deshalb engagiert sich die Hamburger Wissenschaftssenatorin als Schirmherrin für die Ülenkinder.

„Ich hoffe, ich kann Türen öffnen und dazu beitragen, dass viele davon erfahren“, sagte Fegebank bei der Vorstellung des Projektes in Hamburg. Sie begrüßte, dass sich Angehörige in dem Projekt schulen lassen können, damit sie sich auf die neue Situation zu Hause mit einem schwerstkranken Kind einstellen können und Sicherheit gewinnen.

Dafür steht ab Mai 2020 ein Gebäude auf dem Gelände des Israelitischen Krankenhauses zur Verfügung, in dem acht Familienzimmer entstehen. Die Familien können dort vorübergehend einziehen und sich voll auf die Schulung für die kommenden Herausforderungen konzentrieren.

Die Dauer des Aufenthaltes ist nicht vorgegeben und hängt davon ab, wann die Familien sich ihrer Aufgabe gewachsen fühlen. Fest steht, dass die professionelle Hilfe durch Pflegedienste nicht zurückgefahren werden soll.

Schulung sinnvoll

Die Schulung für die Familien ist nach Ansicht der Initiatoren dennoch sinnvoll. Denn: „Keine Familie möchte 24 Stunden am Tag einen Pflegedienst im Haus haben“, sagte Regionaldirektor Thomas Bott von der AOK Rheinland/Hamburg, die als Projektpartner die Kosten für die Schulungen und Unterbringung übernimmt.

Bott hofft, dass das Projekt zu einer Stärkung der Eigenverantwortung und Selbstbestimmung der betroffenen Familien beitragen wird. Er betonte, dass weitere Krankenkassen als Vertragspartner für das Projekt willkommen sind. Derzeit ist nur die AOK Vertragspartner. Aufgenommen werden können aber grundsätzlich alle gesetzlich versicherten Kinder und deren Familien, auch aus anderen Bundesländern.

Der Bedarf ist vorhanden: Auf rund 500 schätzten die Experten bei der Projektvorstellung die Zahl der schwerstkranken Kinder allein in Hamburg, wo es 15 spezialisierte ambulante Kinderkrankenpflegedienste gibt.

Nach Beobachtung der Initiatorinnen Eva Maria Ciolek und Kirsten Mainzer reicht das bei weitem nicht aus, um den Pflegebedarf zu decken, es kommt zu Lücken in der Anschlussversorgung. „Die Situation spitzt sich immer weiter zu“, sagte Ciolek.

„Benötigen Unterstützung jeglicher Form“

Ein ganz ähnliches Projekt gibt es in Trier: Seit 2017 üben dort Eltern schwerstpflegebedürftiger Kindern in der „ambulanten Brückenpflege“ den Wechsel von der Rund-um-Betreuung in der Klinik in den Alltag zu Hause. Träger ist der Verein nestwärme e.V.

Ciolek und Mainzer sind Geschäftsführerinnen der gemeinnützigen Ülenkinder GmbH und haben beruflich unter anderem Erfahrung in der Pflege. Mit den Ülenkindern wollen sie den Familien von schwerstkranken Kindern das Leben dauerhaft erleichtern. Deshalb ist das Projekt zeitlich nicht befristet.

Neben der AOK suchen sie aber nach weiteren Unterstützern, etwa für den Umbau des Gebäudes. „Wir benötigen unbedingt weitere Unterstützung jeglicher Form“, betonte Mainzer.

Auch von niedergelassenen Ärzten ist diese erforderlich, unter anderem durch deren Hinweise auf das Ülenkinder-Angebot, wenn sie Patienten in der Praxis betreuen, die nach dem stationären Aufenthalt nicht weiter wissen.

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