Mehnert-Kolumne

Insulin vor dem Müll retten: Hilfsdienst sammelt Arznei für Entwicklungsländer

Viele zuckerkranke Menschen weltweit können sich Insulin nicht leisten. Die Organisation „Insulin zum Leben“ sammelt übrig gebliebene Präparate und versendet sie an Partner in Afrika und Südamerika.

Prof. Hellmut MehnertVon Prof. Hellmut Mehnert Veröffentlicht:
Insulinfläschchen mit Spritze

Lebensrettende Arznei: Kein Fläschchen davon sollte weggeworfen werden!

© Sherry Young / stock.adobe.com

Schon in normalen Zeiten haben viele Diabetiker in Entwicklungsländern keinen Zugang zu Insulin. Arme Menschen können sich das lebensrettende Medikament nicht leisten, zumal die Kosten in vielen Teilen der Welt unverhältnismäßig hoch sind. Für Betroffene in prekären Verhältnissen kostet das benötigte Insulin oft mehr als die Hälfte ihres Einkommens!

Nicht selten müssen dort Eltern ein zuckerkrankes Kind sterben lassen, um die anderen Familienmitglieder mehr schlecht als recht durchbringen zu können. Die Corona-Pandemie hat die Versorgungslage mit Insulin in vielen Entwicklungsländern jetzt noch einmal deutlich verschärft.

Spenden erreichen die Bedürftigen

Internationale Hilfsorganisationen wie „Insulin for life“ lindern hier in einigen Regionen die ärgste Not. Die Non-Profit-Organisation hat in den vergangenen 35 Jahren ein globales Netzwerk mit Sammelzentren für Insulinpräparate in Industrieländern aufgebaut. Zehn internationale Zentren schicken die Medikamente und Hilfsmittel regelmäßig in Entwicklungsländer.

Die deutsche Partnerorganisation heißt „Insulin zum Leben“ (IZL) und wurde in den 1990er Jahren gegründet. Seit 2003 ist Heidrun Schmidt-Schmiedebach, die selbst an Typ-1-Diabetes leidet, die Projektverantwortliche. Sie sammelt seither nicht mehr gebrauchtes Insulin sowie Blutzucker-Messgeräte, Teststreifen, Pens und Stechhilfen.

Die Medikamente und Hilfsmittel stammen dabei etwa von Angehörigen gestorbener Patienten, Apotheken und Pharmafirmen. Penibel wird dafür gesorgt, dass über zuverlässige Kontrollpersonen die Spenden die Bedürftigen erreichen und auf keinen Fall auf dem Schwarzmarkt landen. IZL hat dabei die Partner-Länder Gambia, Ruanda, Uganda, Bolivien und Peru.

„Insulin for life“ hilft zudem global bei Katastrophen, wie zum Beispiel dem Tsunami 2004 in Südostasien, dem Erdbeben in Peru 2007 und beim Wirbelsturm auf den Philippinen 2013. In Ruanda fand darüber hinaus 2013 das erste Schulungscamp für Diabetiker statt. Heidrun Schmidt-Schmiedebach und die Präsidentin des Bundes diabetischer Kinder und Jugendlicher, Jutta Bürger-Büsing, konnten sich dort von der Motivation der Patienten und der Qualität des Unterrichts als „beste Investition im Leben eines Diabetikers“ überzeugen.

Jährlich etwa 200 Hilfspakete

Seit dem Jahr 2013 konnte IZL jährlich Insulin und Hilfsmittel im geschätzten Wert von 500 Tausend Euro verschicken und damit mindestens 500 Menschen pro Jahr mit Insulin und Zubehör gut versorgen. Auch im Jahr 2020 konnte trotz der Corona-Pandemie und erschwerter Transportwege das Niveau nahezu gehalten werden.

Die Projektleiterin und weitere vier Hilfskräfte bearbeiten die empfangenen Päckchen und Pakete im Insulinlager. Sie packen die Spenden aus, sortieren Spenden und versenden jährlich etwa 200 Hilfspakete in die Partnerländer.

„Insulin zum Leben“ hilft dabei mit Medikamenten und Produkten, die sonst auf dem Müll landen würden. Gesammelt wird haltbares Insulin, das zum Beispiel verfügbar wird, weil ein Patient auf ein anderes Insulin umgestellt wurde. In anderen Fällen wird kein Insulin mehr gebraucht oder ein Patient ist gestorben.

Zudem werden Teststreifen zu allen Geräten gesammelt sowie neuwertige Hilfsmittel von Patienten, die zum Beispiel für sich besser geeignete Hilfsmittel gefunden haben.

Helfen auch Sie mit, diese Organisation zu unterstützen! Sprechen Sie insulinspritzende Diabetiker an, die manchmal Insulinpräparate gehortet haben. Werden Sie in Ihrer Apotheke vorstellig, um diese an der Aktion zu beteiligen. Auch wenn Sie Kontakt zu Insulin-Herstellern haben, könnte ein Gespräch nützlich sein. Und natürlich sind die Verantwortlichen auch dankbar für Geldspenden.

Weitere Informationen unter: www.insulin-zum-leben.de, oder „Insulin zum Leben“, c/o Biokanal Pharma GmbH, Kehler Str. 7, 76437 Rastatt

Prof. Hellmut Mehnert widmet sich seit über 60 Jahren den Themen Diabetologie, Ernährungs- und Stoffwechselleiden. 1967 hat er das erste Schulungszentrum für Diabetiker in Deutschland gegründet. Er ist Träger der Paracelsus-Medaille der Deutschen Ärzteschaft.

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